Die Klavierspielerin
Melodram in einem Akt (drei Teile) nach dem gleichnamigen Roman von Elfriede Jelinek
Programmheft zur Uraufführung am Theater Basel, 1989
Programmheft zur Uraufführung am Theater Basel, 1989
Jelineks Roman
Die Klavierspielerin (1983)
Mezzokoloratursopran, Sprecherin, zwei SchlagzeugerInnen, Tonband.
UA | 11.11.1989
Theater Basel
, I:
Barbara Mundel
,
Veit Volkert
Jürg Henneberger
Jelineks
Essays über Patricia Jünger
Patricia Jünger hat Zitate aus dem Roman zu einem Libretto sich steigernder Aggressivität
montiert und eine Partitur geschrieben. Interessiert daran hat die Komponistin „die Schaffung
des Lipizzaners“, die Hybridzüchtung von künstlerischer Spitzenleistung: „Das kann nur über
eine erpresste libidinöse Beziehung gehen. Am Beispiel der Erika Kohut soll dem Publikum etwas
klarwerden über die Demütigungen, die der tägliche Betrieb Künstlern antut.“ [...] Elfriede
Jelineks Sprache zieht die Leser – und wohl auch die Interpreten – in eine sadomasochistische
Interaktion förmlich hinein. Sie umschmeichelt einerseits die „geliebten Tonkünstler“ und
verachtet andererseits die „Kuh Musik“. Sie spricht von Sparkassen-Schlitzen und meint klaffende
Wunden. Sie lockt den Leser mit bissigem Witz und straft ihn dann mit Trivialem. Patricia Jünger zieht die Schraube noch fester an: „Meine Musik ist quasi das Exekutivkommando dessen,
was die Sprache ist.“ Elfriede Jelinek hat ihrer Meinung nach eine „Grammatik des Trivialen“ aus
Sprachversatzstücken geschaffen und verknüpft „den emotionslosen Sprachkitsch, in dem Leere liegt“
zu seiner – realen – bösen Bedeutung. Herrschaft als Ritual der Wiederholung. Konsens nicht als
Einigung, sondern als Repetition von Leerformeln. Das kann man nicht „sagen“ im Text, nur „vollziehen“
in der Musik. Patricia Jünger komponiert es als Ritual. Ein Grundmodell wird addiert, und die Summe
kommt wieder zur Addition: „Ein metastasischer Prozess, ein Muttergeschwulst.“ Am Schluss wird die
Tochter im Koloraturmezzosopran siegen, doch: „Ihr Körper ist ein einziger grosser Kühlschrank, in dem
sich Kunst gut hält.“ Das Ideal reiner Musik als vom Körper befreiter Klang ist der Tod. Der bürgerliche
Kunstbegriff wird hingerichtet. Für Patricia Jünger ist das eine „große Liebeserklärung an die menschliche
Stimme“.
Bei
Patricia Jüngers
Oper
Die Klavierspielerin
handelt es sich um die Bühnenfassung ihrer Funkoper
Die Klavierspielerin
(1988). Die Oper war ein Auftragswerk des
Südwestfunk Baden-Baden
und des
Theater Basel
. Die Handlung des Romans wird von einem Mezzokoloratursopran und einer Sprecherin erzählt. Zentrale Aspekte sind die Beziehung zwischen Erika Kohut und ihrer
Mutter
, der Drill zur
Musik
und der voyeuristische Blick auf den weiblichen
Körper
(
Frau
,
Sexualität
). Für die klangliche Gestaltung werden u.a. aneinandergeschlagene Hölzer, Metalle und Felle verwendet. Über das Zuspielband werden sowohl gesungene Passagen als auch Percussion-Sequenzen eingespielt.
Jünger
distanzierte sich von der Uraufführungsproduktion des
Theater Basel
und bezeichnete die musikalische Umsetzung ihrer Komposition als ungenügend.