Der Titel ist eine Paraphrase auf Schumanns Liederzyklus „Frauenliebe und -leben“. Clara Schumann war die bedeutendste Pianistin des 19. Jahrhunderts.
Sie wurde von ihrem Vater dazu herangezogen. Er hielt sie auch zum Komponieren an, was eine Frau nur selten kann. Dann traf die Liebe zu Robert Schumann
auf Clara. Aus diesem Zusammenstoß gingen acht Kinder hervor sowie die fortschreitende Geisteskrankheit Roberts, der in der Irrenanstalt von Endenich starb.
Die acht Schwangerschaften, deren Produkte fast alle in jungen Jahren schon kaputtgingen (umsonst die Mühe!), hinderten Clara am weiteren Komponieren.
Clara erklärte jedem, der es hören wollte, daß eine Frau für das Schöpfen von Musik nicht geeignet sei. Nur mein Robert ist göttlich! Wenn die Frau aufgrund
eines körperlichen Mangels, nämlich der (damals oft unfreiwillig ausgeübten) Fähigkeit, Kinder zu gebären, auf ihre Kreativität verzichten muß, erklärt sie
den Schöpfungsakt als einzig dem Mann zukommend. Sie war mit ihrem Spiel die eigentliche Erhalterin der Familie. Robert untersagte ihr das zu ihrem Broterwerbe
nötige Üben auf dem eigens angeschafften zweiten Klavier, damit er nicht beim Erfinden von Musik gestört werde. Claras guter Ausgleich für all diese kleinen Mißlichkeiten:
die Anbetung von Robert Schumanns Genie. Zum Zeitpunkt des Hörspiels ist Robert aber schon tot, was ihn aber nicht hindert, sehr lebendig zu sein. Er kichert irr im mondänen
„Baur au Lac“ in Zürich herum, wo seine Gattin beim noch berühmteren Virtuo-Komponisten Franz Liszt das Geld aufzutreiben gedenkt, das den Aufenthalt in der Wahnsinnsanstalt
plus der neuesten Symphonie Roberts – einer bloßen Fiktion, da der Meister zum Komponieren längst geistig ungerüstet ist – finanzieren soll... Als Schumann allerdings nichts
anderes einfällt als Claras Geniebegriff der absoluten Originalität ad absurdum zu führen, indem er Beethovens Fünfte als eigenes Werk ausgibt, reißt Clara die Geduld und sie
bringt ihn rasch um.
Elfriede Jelinek: o. T. In: SWF Baden-Baden (Hg.): Hörspiele Sommerhalbjahr 1982, S. 76.
Der Text für das Hörspiel beruht auf Jelineks Theatertext
Clara S. musikalische Tragödie (1982)
, der Titel spielt auf
Robert Schumanns
Liederzyklus Frauenliebe und -leben (1841) an. Während der Theatertext in Vittoriale bei Gardone, der Villa Gabriele d’Annunzios, im Spätherbst 1929 situiert ist, spielt das Hörspiel 1856 in einem Züricher Luxushotel. Aus dem Theatertext wurden die Figuren Clara Schumann, ihr Mann Robert und ihre Tochter Marie übernommen, das weitere Figurenpersonal wurde stark reduziert und verändert. So ist die Rolle des männlichen Genies (
Künstler
) Franz Liszt übertragen – eine Version, die Jelinek auch für den Theatertext überlegte, sich aber in der endgültigen Fassung des Theatertextes für Gabriele d’Annunzio entschied –, als Nebenfiguren werden Liszts Mäzenin und Geliebte Fürstin Carolyne von Sayn-Wittgenstein und die Pianistin Camilla Pleyel eingeführt. Viele Passagen von Theatertext und Hörspiel stimmen wörtlich überein.
Im Hörspieltext versucht Clara im Hotel Baur au Lac Fürstin Sayn-Wittgenstein als Mäzenin für ihren Mann, der zunehmend dem
Wahnsinn
verfällt, und ihre Tochter Marie, die von ihr zur Pianistin gedrillt wird (
Musik
), zu gewinnen und sie von Roberts Genie zu überzeugen. Liszt konkurriert mit Robert, macht sich aber auch an Clara und Marie heran (
Sexualität
). Als Robert bei einer Vorführung auf Grund seiner Geisteskrankheit sein eigenes Werk nicht mehr erkennt, erwürgt Clara ihn und stirbt.
Im Hörspiel werden Passagen aus den Werken
Schumanns
,
Liszts
und
Beethovens
verarbeitet. Musik und Handlung sind im Hörspiel eng verknüpft, so erklingt die Musik von
Schumann
und
Liszt
immer dann, wenn die beiden am Klavier ihre Genialität zeigen wollen.