In die Schule gehen ist wie in den Tod gehen, ohne diesen zu kennen, aber wer kennt den schon? Vom Tod kann man nachher auch nichts mehr erzählen. Aber auch die Schule kennt man erst, wenn man sie hinter sich hat. Das haben beide wieder gemeinsam, der Tod und die Schule. Man weiß vorher eben nicht, wies ausgeht und ob es sich ausgeht, meist geht es sich aus; das heißt: ich hatte eine Ahnung, weil ich in der privaten Klosterschule, in die ich halbintern (bis fünf Uhr nachmittag) gegangen bin, schon den Kindergarten besucht hatte. Ich habe im Kindergarten schon gewußt, es kommt nichts Besseres nach. Ich bin da also immer hineingestiefelt, meine Seelen klirrten wandermäßig mit andren zusammen, denn die Seelen warens, auf die mehr Sorge und Arbeit verwendet wurde als die Körper, die sogar beim Turnen in knielangen Clothhosen (ein ekliges Material, keine Ahnung wie man das schreibt, aber noch Erinnerungen, wie es sich anfühlt) verhüllt wurden, damit man sie nicht sieht, sondern nur noch die Seele, um die mit dem Teufel mithilfe guter Werke und „Opfer“ gerauft wurde. Äußerlich trugen die mit der schönen Seele, je nach der Dicke der elterlichen Brieftaschen breite oder schmale Schärpen als Auszeichnung für Bravsein und Leistung. Heute sagt man mir, das sei eine böswillige Interpretation, das sagen die ehemaligen Trägerinnen der Schärpen, als ob sie noch heute die Hand auf die Brust legen wollten, wo darunter es unsichtbar eine Hingabe an das Ziel dieses Staates und seiner Staatsreligion gibt, unbedingt, koste es was die Rolle wolle, zu seinen besseren Bürgern zu gehören […].
Über ihre Volkschulzeit in der Klosterschule, beginnend mit dem Satz: „In die Schule gehen ist wie in den Tod gehen, ohne diesen zu kennen, aber wer kennt den schon?“ (
Tod
) Die Klosterschule als Gegensatz zum Leben, als „Horrorfilm“, als Vernichtung der Kindheit.
Ausschnitte des Essays wurden für die ORF/Ö1-Radiosendung
Kulturjournal Spezial
am
20.4.2020
von
Silvia Meisterle
eingelesen.