Ich gebe mein Äußerstes, doch das bin ich nicht

Nachweis

auch in:

  • Ham­mer­tha­ler, Ralph

    :

    Ein Ich, das darübersteht. In: Informationen für Freunde und Förderer der Salzburger Festspiele Juli/

    1998

    , S. 45-46

    (gekürzt, Titel: Ein Ich, das darübersteht )

    .

 

Sie beschreibt ihre Position als Schriftstellerin als jene einer Beobachterin „aus großer Distanz“ und sieht den Grund für die heftigen Reaktionen, die die Gesellschaftskritik (

Ge­sell­schaft

) in ihren Texten hervorruft, darin, dass ihr als

Frau

„ein radikaler Blick auf die Welt nicht zugestanden“ wird. Positiv äußert sie sich über

Ei­nar Schle­efs

Inszenierung von

Ein Sport­stück

und spricht die Darstellung ihrer Person als Sexpuppe in

Cas­torfs

Inszenierung von

Rast­stät­te oder Sie ma­chens al­le

an. Den Vampirismus (

Vam­pir

) in ihrem Stück

Krank­heit oder Mo­der­ne Frau­en

beschreibt sie als „metaphorisch für die weibliche Existenz“.

 

Ralph Hammerthaler:Wofür steht der Begriff „Krankheit“?

Elfriede Jelinek: Krankheit ist für mich eine Metapher für das Existieren überhaupt. Gesundheit, Tüchtigkeit wird durch Krankheit unterlaufen. So wie sich die Frau des 19. Jahrhunderts, wenn sie vögeln sollte, aber nicht wollte, durch Krankheit entzog. Wenn einer Frau keine andere Möglichkeit mehr bleibt, sich zu verwirklichen, dann kann sie ins Negativ hinunterkippen und sich durch Krankheit definieren. „Moderne Frauen“ ist natürlich ein Hohn, weil Krankheit die Ausdrucksform einer Frau aus einem anderen Jahrhundert ist. Aber ich kenne auch genug Frauen heute, die sehr viel von Krankheiten sprechen, und man hat das Gefühl, daß sie sich über Krankheit definieren, weil sie in der gesunden Wirklichkeit keinen Platz für sich finden.

aus: Ralph Hammerthaler: Ich gebe mein Äußerstes, doch das bin ich nicht. In: Süddeutsche Zeitung, 10.3.1998.