„Eine lautlose Implosion“. Ein Gespräch mit Elfriede Jelinek über „Wolken.Heim.“, europäische Visionen, österreichische Literatur und deutsche Heimaterde

Nachweis

  • Fend, Franz

    /

    Hu­ber-Lang, Wolf­gang

    :

    „Eine lautlose Implosion“. Ein Gespräch mit Elfriede Jelinek über „Wolken.Heim.“, europäische Visionen, österreichische Literatur und deutsche Heimaterde. In: Theater Phönix. Zeitung für dramatische Kultur 73 (

    1994

    ), S. 4-5

    .

 

Aus Anlass der Premiere von

Wol­ken.Heim.

am

Thea­ter Phö­nix Linz

; über

Phi­lo­so­phie

, die Zitate deutscher Philosophen und die deutsche Wiedervereinigung (

Deutsch­land

). Sie unterscheidet zwischen ihren literarischen

Schreib­ver­fah­ren

und einer „theoretische[n] Näherung“ an die verarbeiteten Intertexte. Es ging ihr im Text um den „Blick auf das Deutsche“, „das Denken der Deutschen und auf die Geschichte, die sozusagen nie ruht“ und immer wieder „aus dem Boden wächst“. Neben

Wol­ken.Heim.

geht es um

To­ten­au­berg

,

Burg­thea­ter

und

Lust

.

 

Franz Fend, Wolfgang Huber-Lang:Interessieren würde uns zunächst, wie es zu „Wolken.Heim.“ gekommen ist. War das damals 1988 in Bonn ein Auftragswerk?

Elfriede Jelinek: Ja, aber ich würde diesen Auftrag nicht angenommen haben, wenn ich mich nicht schon länger damit beschäftigt hätte. Für mich ist das Deutsche das Fremde. Was deutsch ist, mit diesen zwei Katastrophen in diesem Jahrhundert, das als völlig Außenstehende zu fassen, hat mich an diesem Stück interessiert. [...] das Entscheidende ist der Blick auf das Deutsche, auf die Philosophie des Idealismus, Hölderlin als den Anreger des Idealismus, auch auf Heidegger, mit dem ich mich dann später intensiver beschäftigt habe. Also auf das Denken der Deutschen und auf die Geschichte, die sozusagen nie ruht, die immer wieder, wie in der Legende, aus dem Boden wächst.

Es ist Ihnen verschiedentlich vorgeworfen worden, Sie würden durch eine willkürliche Zitatauswahl den Philosophen nicht gerecht.

Ich will ja nicht Hegel gerecht werden in diesem Stück. Das literarische Verfahren ist ein anderes als eine theoretische Näherung. Wenn ich über Hegels Deutschnationalismus eine Arbeit schreibe, werde ich sicher anders vorgehen als wenn ich diese Dinge literarisch eingrenze. Wenn ich Hölderlin als Rhythmusgeber dieses Stücks habe, ist gerade Hegel ein gutes Beispiel.

aus: Franz Fend, Wolfgang Huber-Lang: „Eine lautlose Implosion“. Ein Gespräch mit Elfriede Jelinek über „Wolken.Heim.“, europäische Visionen, österreichische Literatur und deutsche Heimaterde. In: Theater Phönix. Zeitung für dramatische Kultur 73 (1994), S. 4-5, S. 4.