Reinhold Reiterer: Ihr Text „Das Schweigen“ über den gescheiterten Versuch, Robert Schumann zu beschreiben, liest sich wie eine Verarschung von Thomas Bernhards „Beton“.
Elfriede Jelinek: Ich halte „Beton“ für einen der genialsten Prosatexte von Bernhard. Es geht nicht darum, ihn zu „verarschen“. Mich interessieren nur seine Mc Guffins, wie Alfred Hitchcock sie in bezug auf seine Filme erfunden und benannt hat. Also Aspekte, Angelpunkte der Handlung, die nicht weiter erläutert werden, aber um die sich alles dreht. So benutzt Bernhard ja auch Philosophen wie Wittgenstein oder Pascal als Mc Guffins. Es dreht sich immer um die größten, letzten Dinge (auch z. B. Glenn Goulds Bach-Spiel), aber sie werden immer nur umrissen, angedeutet, treiben die Handlung voran, ohne je erläutert zu werden. Ich habe mich mit einem, der eine fiktive Schumann-Biographie schreibt, sozusagen auf dieses Thema draufgesetzt und es auch ein bissel parodiert, wenn man so will.
aus: Reinhold Reiterer: „Es geht immer um letzte Dinge“ . In: Bühne 10/2003, S. 64-65.
Anlass ist die Inszenierung von
Das Schweigen
durch
Ernst M. Binder
im
Literaturhaus Graz
; über den Text,
Ernst M. Binder
und die bevorstehende Uraufführung von
Bambiland
am
Wiener Burgtheater
. Über die in
Das Schweigen
verarbeiteten Intertexte aus
Thomas Bernhards
Prosatext Beton , an dem sie vor allem die „Mc Guffins“ interessieren, also „Angelpunkte der Handlung, die nicht weiter erläutert werden, aber um die sich alles dreht“.