Eine endlose Quelle des Hasses

Nachweis

 

Aus Anlass der Erstsendung des Hörspiels

Burg­te­at­ta

in BR 2. Die Arbeit an Hörspielen interessiere sie, weil „man nur mit Sprache arbeitet, nur hören kann“ und das Hörspiel daher „eine wichtige Bühne und Herausforderung für experimentelle Literatur bleiben“ werde. In ihrem Stück

Burg­thea­ter

, das von

Hans Gerd Krog­mann

als Hörspiel bearbeitet wurde und in dem die Rolle von Künstlern (

Künst­ler

) und Künstlerinnen (

Künst­le­rin

) im

Na­tio­nal­so­zia­lis­mus

problematisiert wird, gehe es ihr um „die Kontinuität jener Sprache in der Unterhaltungs-Industrie“.

 

Hannes Hintermeier:„Burgtheater“ durchleuchtet die Schauspieler-Familie Hörbiger während der Nazi-Zeit und danach.

Elfriede Jelinek: Ja, aber es ist kein Schlüsseldrama wie der „Mephisto“ von Klaus Mann, sondern ein Stück über die Sprache in der Unterhaltungs-Industrie, die sich bis zum heutigen Tag durchzieht. Die Lieblinge der Wiener, das sind die Hörbigers bis heute, haben in der Vergnügungs- und Kultur-Industrie der Nazis mitgewirkt und hinterher waren sie auch sofort wieder da. Es muß erlaubt sein, das zu sagen.

Ist das Phänomen der Verdrängung in Österreich tatsächlich stärker ausgeprägt als in Deutschland?

In Österreich ist es nach dem Krieg nahtlos weitergegangen – mit der Lüge, man sei schließlich ein unschuldig besetztes Land gewesen. In Deutschland gab es in der Kultur-Industrie, wenn auch nicht in der Wirtschaft oder der Justiz, einen Bruch: da fanden jahrzehntelange Bußübungen zum Beispiel in Form von Fernsehspielen statt. In Österreich haben die Künstler als einzige die Vergangenheit angepackt […].

aus: Hannes Hintermeier: Eine endlose Quelle des Hasses . In: Abendzeitung, 26.4.1991.