Diese Interferenz zwischen meinen (dann am Ende nicht mehr vorhandenen) Texten und dem, was der Künstler draus macht, obwohl sie ja gar nicht mehr da sind,
vielleicht einmal da waren, nein, sogar sicher, aber als Texte haben sie keine Bedeutung für ihn, sondern als etwas anderes […], und diesem Anderen,
also die Interferenz der Interferenz, die würde mich interessieren. Man kann es aber kaum herausarbeiten, weil man sich dazu aus sich selbst erst mal herausarbeiten müßte,
und das ist schwierig für eine, die eh nie ganz da ist und wenn, dann nur von sich selber wegkommen möchte. Insofern hat mir Schlingensief natürlich einen großen Gefallen getan
(er weiß es nicht, vielleicht aber doch), er hat mich von mir selber weggebracht, indem er das von mir Geschriebene weggedrückt hat in eine andre Dimension,
in der es kein Ding mehr darstellen kann, aber dennoch durch seine Schöpfer-Hände gegangen ist. Ich habe nun nicht mehr die Möglichkeit zu erfahren,
was die Verschiedenheit der Ansätze, seiner und meiner, ausmachen könnte, denn meine sind ja gar nicht mehr da. Das Andere, das vom Künstler Geschaffene,
ist da. Aber ohne mich. Aber mit mir.
aus: Elfriede Jelinek: Assistent des Verschwindens .
In: Theater der Zeit 10/2010, S. 13-15, S. 14.
Über ihre Zusammenarbeit mit
Christoph Schlingensief
, u.a. über seine Uraufführungsinszenierung von
Bambiland
(2003), sein Konzept des Animatographen und seine Rolle als ihr „Assistent des Verschwindens“, der das von ihr Geschriebene wegdrückt „in eine andere Dimension“. Für die Gedenkveranstaltung Ein Sonntag für Christoph Schlingensief am 17.10.2010, die vom
Zürcher Schauspielhaus
und vom
Theater Neumarkt
organisiert wurde, las Jelinek einen Ausschnitt des Textes als Videobotschaft ein.