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Abdrucke
Jelinek, Elfriede
:
Die Figuren in Robert der Teufel. In: Musikfibel zum 2. Jugendmusikfest Deutschlandsberg 14.-27. Oktober 1985
1985
, S. 52-54
.
In meinen Arbeiten geht es mir nicht darum, bestimmte Figuren psychologisch von allen Seiten zu beleuchten, sie zu charakterisieren und dann auf einer Bühne auftreten zu lassen. Vielmehr versuche ich, um bestimmte Ideen, Ideologien oder auch nur Meinungen vor das Publikum zu stellen, Bedeutungsträger zu konstruieren, die dann die jeweilige Handlung zu vertreten haben, möglichst überzeugend oder eben weniger überzeugend: wer hat jetzt recht? Das Publikum entscheidet selbst. Die handelnden Personen in der alten steirischen Sage „Robert der Teufel“ waren ja auch keine Menschen mit bestimmten Eigenschaften, Fehlern und Schwächen, sondern sie waren wie auf einem Holzschnitt, eben wie im Märchen; die stumme Prinzessin, der reuige Verbrecher, die guten Eltern, und dazu noch viele Soldaten und viel Volk. Da normalerweise Männer die Handlung der Opern und Theaterstücke vorantreiben und bestimmen, war es für mich klar, daß diesmal eine Frau diejenige zu sein hätte, die die Mechanismen der Geschichte früher begreift als die anderen und der Handlung durch ihr eigenes Agieren immer den gewissen Drall gibt: die Prinzessin. Schon ihr Stummsein, ihr Schweigen, in der Sage nicht näher definiert, aber durch Liebe, eben zu dem Grafensohn Robert (der Teufel!), aber auch durch die Wahrheit (in der Sage ist die Prinzessin stumme Zeugin eines Betrugs, den sie dann an der richtigen Stelle natürlich aufklärt, wozu sie sich der Sprache bedienen muß und endlich auch kann), durch das Aussprechen der Wahrheit geheilt, ist nicht einfach eine Krankheit, die ihr zugestoßen ist aufgrund eines höheren Schicksals, es ist ein Akt der Verweigerung, also Aktivität, und das sogar schon im Märchen, wie ich behaupte. In meiner modernen Adaption, wenn man es so nennen mag, ist sie aktive Kämpferin gegen Militarismus, Profitmachertum und Kriegstreiberei, verkörpert durch ihren Vater, der in seinem Kaufhaus Kriegsmaterial verhökert. Sie durchschaut alles, und sie bestimmt, auch als Nichtsprecherin, den Fortgang der Geschichte. Ihr Sprechen angesichts Roberts im Augenblick der Liebe ist bei mir nichts als ironische Floskel, ein boshafter Seitenhieb, wenn man so will, auf alle Ideologien, die da behaupten, eine Frau könne sich nur durch die und in der Liebe definieren, nur durch einen Mann ein Schicksal erhalten. Die Prinzessin ist auch die treibende Kraft, wenn es gilt, die ehemaligen Terroristen, die Räuber, zu nützlicherem Tun, nämlich dem Diebstahl und der Zerstörung der Raketen und sonstigen Waffen zu animieren, und sie begreift selbst auch rasch die Sinnlosigkeit des individual-anarchistischen Terrors, also der Gewalt, die sich in räuberischen Einzelaktionen erschöpft, ohne eine politische Zielrichtung zu haben. Sie manipuliert geschickt ihre Mit-Räuber, auch bei der Gründung der neuen Zündholzfabrik, in der alle ihr ihnen gebührendes Plätzchen finden, während sich der Waffenkrösus, in Pension gegangen, in den sonnigen Süden absetzt.
Über ihr Libretto zu
Robert der Teufel
(1985).