Denn dieser Schriftsteller zwingt uns garantiert zu nichts, er zeigt uns nur alles.
Und dann zieht er sich sehr leise wieder zurück, damit wir es uns selbst in Ruhe
anschauen können. So hat er es schon in seinen Briefen an seine beiden Söhne gemacht.
Er sagt uns, daß das alles (und noch vieles mehr!) da ist.
Die Schreckensgestalten seiner Jugend haben eine sogenannte Erneuerung als das
Endgültige erlebt, als die erlösende, und schließlich vernichtende, verkörperte Ordnung,
und davon hat Kolleritsch, der ja so lang auch Lehrer war, eine sehr behutsame
Hand behalten, mit Lesern, Schülern, Freunden und seinen Kindern. Er hat
Menschen erlebt, die nicht einmal, wie er schreibt, „im Atmen sie selbst“ waren,
und in jeder ihrer geschorenen Frisuren war der Totenschädel.
aus: Elfriede Jelinek: Im Schock des Positiven .
In: Die Presse, 3.4.1997 (gekürzt).
Laudatio anlässlich der Verleihung des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse an
Alfred Kolleritsch
, gehalten am 2.4.1997 in Wien.