Die Sprache der Literatur wird, wie es die extreme Rechte immer tut, von der brutalen Eindeutigkeit ihrer inzwischen sattsam bekannten Aussprüche,
die das gesunde Volksempfinden hinter sich wissen oder zu wissen glauben, sozusagen niedergeknüppelt. Man kann sich nicht mehr mit Worten zwischen
die Macht und die Wirklichkeit schieben, da ist kein Platz mehr für die Literatur. Ich habe es jetzt lange genug versucht, aber jetzt, scheint mir,
werden die letzten Gatter geschlossen; man spricht davon, Kritik, Literatur ganz besonders frei zu halten von den staatlichen Machtmechanismen und weiß doch gar nicht,
womit man es überhaupt zu tun hat. Sie haben es auch gar nicht nötig, sich damit zu beschäftigen. [...]
Ich kann ihnen also auch meine Sprache als Objekt des Konsums
und auch der Repräsentation (Theater, das ist ja im Allgemeinen ein Ort, wo der Staat sich repräsentiert) nicht länger lassen. Ich muss sie ihnen entziehen, um sie erhalten zu können.
Das klingt sicher pathetisch, aber: Da ich also nicht gehen kann, können wenigstens meine Stücke weggehen, um woanders (hoffentlich) irgendwie zu wirken. Anders gesagt:
Sie können nur wirken, gerade indem sie weggehen.
aus: Elfriede Jelinek: Meine Art des Protests . In: Der Standard, 7.2.2000.
Jelinek argumentiert das Aufführungsverbot für ihre Stücke in
Österreich
damit, dass sich „eine differenzierte, literarische Sprache“ „gegen diese bedrohliche, selbstgewisse, von keinem Selbstzweifel angekränkelte Sprache der feschen Technokraten und Rechthaber […] nicht mehr durchsetzen“ könne (
Rechtsradikalismus
).