Milch unfrommer Denkungsart

Abdrucke

auch in:

 

Im Herbst 1997 wurde ein Entwurf für ein Arbeits- und Sozialrechtsänderungsgesetz vorgelegt, der eine Sozialversicherungspflicht für KünstlerInnen (

Künst­ler

,

Künst­le­rin

;

Kul­tur­po­li­tik

) vorsah. Die Interessensvertretung der KünstlerInnen protestierte gegen diesen Entwurf. Jelinek schrieb in dem Zusammenhang diesen offenen Brief an Sozialministerin

Lo­re Hostasch

und sprach sich darin gegen die geplante Sozialversicherungspflicht aus.

 

Wenn die neue Sozialversicherung für unsere Berufsgruppen beschlossen wird, werden viele von uns einsehen müssen, daß es ein Fehler war, diesen Beruf überhaupt gewählt zu haben (da die meisten der Kollegen am Existenzminimum leben, wird ihnen das ohnedies manchmal gedämmert sein), obwohl der Staat sich gern mit seinen Künstlern brüstet und sie auch im Ausland gerne vorzeigt, zumindest jene, die er für vorzeigbar hält.

aus: Elfriede Jelinek: Milch unfrommer Denkungsart. In: Der Standard, 22.10.1997.

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Essayistische Texte, Reden und Statements
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