Dieser Tod ist wahr, aber, da eine Göttin ja unsterblich ist, ist er auch in gewisser
Weise unwahr. Er ist geschehen, er kann nicht geschehen sein. Das Wahre ist nicht
das Wirkliche. Dieser Tod im Tunnel ist wahr (auch wenn manche sogar ihn anzweifeln
und ernstlich glauben, Diana und ihr Liebhaber seien jetzt mit Elvis vereint, natürlich
alle drei lebendig), aber ist er auch das, als was er erscheint? Ist er, anders gesagt,
wirklich? Ging es dabei mit „rechten Dingen zu“? Es muß sein, daß es vielleicht nicht
mit rechten Dingen zugegangen ist. So wie schon das helle Gold dieses Haars (es wurde
ja immer noch heller!) längst nicht mehr „echt“ war, hat es sich auch nicht durch
seine Wirklichkeit auf Tausenden von Fotos und Filmen bewähren können, sondern erst
dadurch, daß es zu einem Körper gehört hat, der gleichzeitig fortgerückt, unangreifbar
war, auch wenn diese Prinzessin sich sehr bemüht hat, eine fürs Volk, eine „zum
Angreifen“ – und jemanden Angreifen hat im Deutschen zwei Bedeutungen – zu werden, der,
nachdem er, zwar versehrt, beinahe verhungert in einer Art Winterschlaf, aber dann doch
wieder wie neu an die Erdoberfläche emporgeschossen ist wie eine Blume im Frühjahr und
plötzlich wirklich, im eigentlichen Sinn Körper wurde.
aus: Elfriede Jelinek: Prinzessin in der Unterwelt. In: Die Zeit, 2.1.1998.
Anlässlich von
Lady Dianas
Tod
; über deren Begräbnis sowie über deren Leben zwischen überirdischer Verehrung und dunklen Abgründen.