„Die Toten wenigstens in der Kunst ins Leben zurückholen“

Abdrucke

Je­li­nek, El­frie­de

:

„Die Toten wenigstens in der Kunst ins Leben zurückholen“. In: Der neue Tag,

17.10.2002

.

 

Offener Brief als Antwort auf die Empörung der Hinterbliebenen der Opfer des Seilbahnunglücks von Kaprun (

Ka­ta­stro­phe

) über Jelineks Theatertext

In den Al­pen

(2002). Als Künstlerin müsse sie die Zusammenhänge zwischen Tourismus- und Vernichtungsindustrie (

Tou­ris­mus

, Holocaust (

Ju­den­ver­nich­tung

)) herstellen und den „äußersten Schrecken entstehen lassen“, um eine Katharsis zu bewirken. Sie habe den Opfern alles gewidmet, was sie künstlerisch leisten könne.

 

Sie fragen mich, ob es sein mußte, Wunden aufzureißen. Offensichtlich mußte es sein. Man schreibt als Künstler nur dann, wenn man muß. Und ich kann nur immer wieder betonen, daß mir an der Wahrheit des Umgangs mit diesen (und mit andren) Toten liegt, über die keiner spricht, indem alle ununterbrochen über sie reden. Und ich finde in meinem Versuch, diese Toten wenigstens in der Kunst wieder ins Leben zurückzuholen, Parallelen zu den Untoten der deutschen Geschichte, die ja auch nicht sterben können, weil diese Geschichte eben noch lange nicht vorbei sein wird.

aus: Elfriede Jelinek: „Die Toten wenigstens in der Kunst ins Leben zurückholen“ . In: Der neue Tag, 17.10.2002.

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