Elfriede Jelinek. Die kultivierte Neurose

Cosmopolitan 5/1985

Nachweis

 

Über Persönliches, Biographisches (ihre

Ehe

und ihre

Mut­ter

) und die

Psy­cho­ana­ly­se

. Über die Therapien, die sie als Kind gemacht hat, und ihre Kritik aus heutiger Sicht daran. Über ihre Arbeit an

Oh Wild­nis, oh Schutz vor ihr

, über den

Fe­mi­nis­mus

und die Auseinandersetzung mit

Se­xua­li­tät

in ihren Texten sowie über aktuelle Entwicklungen in der Frauenbewegung. Ausführlich über den

Kom­mu­nis­mus

und die Gründe für ihre Mitgliedschaft in der KPÖ. Kurz angesprochen werden auch ihre Romane

Die Kla­vier­spie­le­rin

und

Die Lieb­ha­be­rin­nen

.

 

Hanna Molden:In Ihren Büchern kämpfen Frauen immer auf verlorenem Posten. Tun Sie selbst das auch?Elfriede Jelinek: Das ist schwierig … Irgendwie verzweifle ich an meinem Glauben, daß sich etwas ändern läßt, gerade in letzter Zeit. Ich meine, daß der Feminismus, dem ich ja immer sehr aktiv angehört habe, auch viel Negatives hervorgebracht hat. Dinge, die sich in Generationen vielleicht zum Positiven kehren werden, aber im Moment furchtbar auf uns zurückfallen. Ist das eine Absage an den Feminismus?Nein, überhaupt nicht. Das wäre ein furchtbares Mißverständnis. Ich betrachte mich weiterhin als Feministin, bin aber gleichzeitig furchtbar deprimiert und verzweifelt darüber, was der Feminismus bei den Männern als Reaktion hervorgerufen hat … Zum Teil ist es auch komisch, weil ich immer mehr das Gefühl habe, daß es eher die Männer sind, die Kinder wollen – und Frauen weglaufen, die keine wollen. Dieser Gebärneid der Männer kommt jetzt offenbar voll zum Tragen, während Frauen das immer mehr verweigern. Die schrecklichen Schicksale der Jahrhundertwende, wo Mütter mit unehelichen Kindern verlassen wurden, haben sich umgekehrt. Jetzt weinen Männer, wenn Frauen ihnen Kinder versagen. Es ist absurd! Und es ist sicher eine Folge der Frauenbewegung.

aus: Hanna Molden: Elfriede Jelinek. Die kultivierte Neurose . In: Cosmopolitan 5/1985, S. 32.