Brief an Rita Thiele, Dramaturgin am Berliner Ensemble

Abdrucke

auch in:

 

Dieser Brief wurde ursprünglich für eine Fahne des

Ber­li­ner En­sem­bles

verfasst; Reflexionen über das Aufführungsverbot ihrer Stücke an den Staatstheatern Österreichs (

Ös­ter­reich

) infolge der Regierungsbeteiligung der FPÖ (

Frei­heit­li­che Par­tei Ös­ter­reichs

; aber kein Verbot von Aktionen an den übrigen, auch alternativen Theatern) und der Reaktionen darauf; eine literarische Sprache könne in der

Po­li­tik

Österreichs nichts mehr ausrichten.

 

Liebe Rita! Du weißt ja, wie es hier zugeht. Mein Theater-Boykott ist jedenfalls nicht gut aufgenommen worden, das kann ich dir flüstern. Ich habʼ ja erklärt, warum ich es mache und auch differenziert, daß ich ja nur mit meinen Stücken das Theater nicht mehr beliefern will, weil diese ekelhafte Verlautbarungssprache eben nicht mehr zu bekämpfen ist mit einer, meiner literarischen Sprache. Und der Beweis dafür ist ja umgehend erbracht worden, indem nämlich auch die Gegner dieser Regierung oft nicht mehr differenzieren wollen oder können.

aus: Elfriede Jelinek: Brief an Rita Thiele, Dramaturgin am Berliner Ensemble . In: Die Sprache des Widerstandes ist alt wie die Welt und ihr Wunsch. Frauen in Österreich schreiben gegen rechts. Wien: Milena Verlag 2000, S. 61-62, S. 61. (Beginn)

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Essayistische Texte, Reden und Statements
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