Geklagt wird überhaupt sehr viel in der neuen Frauenliteratur. Was sich seit Jahrhunderten in der Kunst wie im Leben abspielt,
nämlich die Reduzierung der Frau auf ihren Körper, auf ihre Körperlichkeit, ihre Emotionalität und sonst nichts, das spielt
sich bei den großen Gefühlsfachfrauen wie Helene Cixous oder
Monique Wittig (Frankreich) in der Literatur ab, bei
Verena Stefan und ihren übrigens ungeheuer erfolgreichen „Häutungen“ (ein Bestseller,
der beweist, wie groß das Unbehagen der Frauen sein muß), bei der Blut-und-Boden-Romantik der Karin Struck
und der Mittelstandsjammerei der ebenfalls Bestsellerautorin Brigitte Schwaiger. Wobei ich die zum Teil faszinierend
aufregenden formalistischen und ästhetischen Ergebnisse vor allem der beiden Französinnen hier durchaus nicht denunzieren möchte. Wie ich mich übrigens
auch über Selbsterfahrungsgruppen (kollektive Vaginaschau) nicht lustig machen will und darf, beweisen sie doch alle das heftige Bedürfnis der Frauen,
sich zu finden, ihren Weg in einer patriarchalischen Männerkultur und -kunst zu finden, einen Weg, den ihnen die Männer mittlerweile so versaut haben,
daß sie ihn nicht zu benützen können glauben. Das Mißtrauen ist groß.
aus: Elfriede Jelinek: Frauenbewegung und Frauenkultur .
In: Volksstimme, 22.7.1978.
Diskussionsbeitrag für das Kulturpolitische Forum der KPÖ X. Über die verschiedenen Gruppierungen der neuen Frauenbewegung in Europa (
Europäische Union
), die einander bekämpfen und es den Männern (
Mann
) so leicht machen, ihre Forderungen zu ignorieren. Kritik an der Gefühls- und Körperbetonung (
Körper
) in der Frauenbewegung und in der neuen Frauenliteratur. Sie geht auch auf die Situation der Frau in sozialistischen Ländern (
Kommunismus
) ein, wo die Selbstständigkeit von Frauen durch staatliche Unterstützung gefördert werde.