Frank Olbert:
Herr Bruckmaier, „Jackie“ war ursprünglich ein Theaterstück. Hat es sich angeboten, daraus ein Hörspiel zu machen? [...]
Worin haben denn die Einschnitte bestanden?
Karl Bruckmaier: Die Einschnitte haben darin bestanden, dass ich lernen musste, dass man einen Text von Frau Jelinek nicht bearbeiten kann und auch nicht bearbeiten muss.
Das war also ein erster Einschnitt in meine Regie-Hybris, denn das, was mir beim ersten Lesen an dem Text als redundant erschien, hat sich dann als die Stärke dieses Textes herausgestellt:
dieses ewige Kreisen um bestimmte Themen, das Ausschöpfen von Sprachspielen bis zur letzten Möglichkeit. Wenn man nur einen kleinen Satz irgendwo herausgenommen hätte,
dann hätten die Zusammenhänge nicht mehr gestimmt. Das ist ein hochkomplexer Text, der in seiner oft gespielten Einfachheit beim Lesen gar nicht so wirkt.
Als ich diesen ersten Erkenntnisschritt gemacht hatte, war mir auch klar, dass mein oberstes Anliegen sein wird, den Text so zu inszenieren, dass er verstehbarer wird.
Sie spielen zu Beginn des Hörspiels einen Song von Bob Dylan fast vollständig aus?
Ich habe diesen Song wie eine Ouvertüre eingesetzt. Er gibt den Radiohörern Zeit, sich nach den Nachrichten auf das Folgende einzustellen. Und dann spiegelt er den Zeithintergrund.
Es geht darin um einen „Pill Box Hat“. So einen Hut hat auch Jackie Kennedy gern getragen.
Nach dem Song beginnt das Hörspiel mit einer Stimmen-Collage der Jackie-Darstellerin Marion Breckwoldt?
Das Stück hat eigentlich keinen Anfang und kein Ende. Diese jenseitige Jackie, die da zu uns spricht, kreist um immer die gleichen Themen und es wäre falsch zu sagen,
dass sie am Schluss irgendetwas besser weiß. Nun trägt der erste Satz in einem Hörspiel, ebenso wie der erste Satz in einem Roman oder einem Gedicht, eine ganz besondere Bedeutung.
Ich wollte das auflösen und habe mit Marion Breckwoldts Stimme ein Stimmenwirrwarr hergestellt, aus dem sich dann die Stimme von Jackie herausschält.
aus: Frank Olbert: Die Präsidentengattin im Hörspiel. http://www.dradio.de/dlf/sendungen/hoerspielkalender/247100/ (15.7.2014), datiert mit 13.3.2004 (= Website von Deutschlandfunk ).
Der Theatertext
Der Tod und das Mädchen IV (Jackie)
wurde bei der Bearbeitung zum Hörspiel kaum verändert, und auch die Textstruktur wurde beibehalten. Wie der Theatertext thematisiert das Hörspiel die Ikonisierung Jackie Kennedys und setzt sich mit
Mode
als Medium dieser Ikonisierung auseinander. Verhandelt werden außerdem Ver-gänglichkeit und
Tod
. Im Mittelpunkt der akustischen Realisierung stand die Arbeit mit
Marion Breckwoldt
s Stimme, die aus unterschiedlichen Entfernungen aufgezeichnet wurde. So ist z.B. zu Beginn des Hörspiels eine Stimmen-Collage der Sprecherin zu hören. Vor Beginn des gesprochenen Textes wird der
Bob Dylan
-Song Leopard-Skin Pillbox-Hat als „Ouvertüre“ eingespielt.