Oh mein Papa
50 Jahre Das jüdische Echo (Jubiläumsausgabe), Dezember 2001
50 Jahre Das jüdische Echo (Jubiläumsausgabe), Dezember 2001
Jelinek, Elfriede:
Oh mein Papa. In: 50 Jahre Das jüdische Echo (Jubiläumsausgabe),
Dezember 2001,
S. 295-297.
https://original.elfriedejelinek.com/fpapa.html (24.11.2025), datiert mit
2001
(= Elfriede Jelineks Website, Rubriken: Archiv 2001, zu Politik und Gesellschaft, Titel: oh mein Papa).
Cicero – Magazin für politische Kultur 11/
2004,
S. 128-133.
(Titel: Oh, mein Papa).
La Cause freudienne 60
(2005),
S. 107-110. (auf Französisch, Ü:
Sacha Zilberfarb,
Jörs Stickan;
Titel: Oh mon papa)
Jelinek, Elfriede:
Smysl bezrazličen. Telo bescel′no. Ėsse i reči o literature, iskusstve, teatre, mode i o sebe. Hg. v.
Aleksandr V. Belobratov.
St. Petersburg:
Symposium Verlag
2010,
S. 343-355. (auf Russisch, Ü:
Vera Achtyrskaja,
Titel: Ach papa, papa!) DN
Schon kommen Leute dahergelaufen, im Laufen brüllen sie stumm, nein sie verstummen laut, ach was, diese Geschöpfe spucken einen beim Reden noch aus, so sehr verachten sie einen, sie schreien mich pausenlos an, daß ich da mit Entsetzensausdrücken eines anderen Menschen mir selber einen Opferstatus verleihen möchte. Ich möchte mir demnach das Leiden meines Vaters und das seiner Familie an die Brust heften wie einen Orden, wie das kleine Jodelphon der beliebten Souvenirbären, die ihre Töne von sich geben, wenn man ihnen auf den Bauch drückt, immer dieselbe kleine Melodie, Holaretiü. Das wird mir bedeutet, und daher bedeutet es ein für allemal: nichts, was ich sagen könnte - nichts halt. Es ist bekannt und muß nicht mehr ausgesprochen werden. […] Da es alle wissen, kann ich ja genausogut den Mund halten. Doch was ich (und natürlich viele andre, viele mehr als ich je sein könnte) immer wieder herausholen, und wäre es immer wieder dasselbe und könnte es keiner mehr hören, ist immer noch nicht einfach selbstverständlich vorhanden dadurch, daß es da ist und nicht geleugnet wird (kaum jemand leugnet die vergangenen Verbrechen noch, zumindest öffentlich traut sich das kaum einer mehr, es quillt nur manchmal durch die Ritzen, weil noch immer zuviel davon vorhanden ist, aber das leugnen wir entschieden. Es war da, zugegeben, aber jetzt ist es weg), es ist eben das Vorhandene, aber es ist verschwunden, und trotzdem gebe ich ihm das, was ihm zukommt, obwohl ich dazu gar nicht berechtigt bin.
Über das Berufsverbot ihres
Vaters
Friedrich Jelinek
im
Nationalsozialismus
und das Recht der „Nachfolgenden“, sich über diese Ungerechtigkeiten zu äußern; aus Anlass der Debatte um den österreichischen Philosophen
Rudolf Burger
über Vergessen und Nicht-Vergessen (
Österreich
,
Vergangenheitsbewältigung
).
Für das Klang-Denkmal Nachklang-Widerhall von Kult-Ex am Alten Kirchenplatz in Leonding bei Linz zur Erinnerung an die Verfolgung, Vertreibung und den Widerstand im
Nationalsozialismus
(Eröffnung:
11.5.2007)
nahm
Gottfried Hüngsberg
eine Lesung des Textes mit Jelinek auf. Diese Aufnahme ist auch auf der Doppel-CD Nachklang-Widerhall.
Linz:
Edition Kult-Ex
2007
zu hören.