Es sieht ganz so aus, als ob der Kanzler das Stroh, das er so lange gedroschen hat, auch diesmal noch einbringen könnte.
Aber sein Sack ist schon sehr dünn geworden, sogar löchrig, denn nur durch diese Löcher hat die FDP noch ein paar Halme abgekriegt.
Und es haben sich dem Kanzler die gemäßigte, die mäßige und die unmäßige Linke bereits an die Fersen geheftet.
Das bedeutet: mehr Demokratie, mehr Rechte für Minderheiten, fein! Die Grünen und die PDS werden den Regierenden entweder den Sack
mit der sicher geglaubten Ernte vielleicht bald schon aus der Hand reißen oder denjenigen, der ihn trägt, zumindest kräftig in die Fersen beißen,
damit er ihn fallen läßt. Ich freue mich, daß die Grünen drinnen sind, und auch, daß die PDS hineinkommt. Ich freue mich auf Stefan Heym,
des alten Antifaschisten Rede: Ein Dichter spricht zu den Deutschen! Und das Beste daran ist, daß Deutschland, dem ich hiermit das Prädikat glücklich zuerkenne,
das ich den Österreichern weggenommen habe, keinen charismatischen rechten Führer besitzt.
Elfriede Jelinek: o. T.
In: Der Spiegel, 17.10.1994.
Kommentar zum Ausgang der Bundestagswahl in
Deutschland
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