Hören Sie zu!

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Dankesrede zur Verleihung des Hörspielpreises der Kriegsblinden/Preis für Radiokunst 2004. Über die Gemeinsamkeiten von Hören und Denken, die beide im Verborgenen stattfänden und im Gegensatz zu Bildern, die immer bestehen blieben, wieder vergehen würden. Ein Ausschnitt aus der Rede wurde auch von Jelinek in der Sendung von ORF/Ö1 Die Literatur-Miniatur am 5.8.2004 im Rahmen des Ö1-Schwerpunktes 80 Jahre Radio – Österreichische Autoren über ihre Erfahrung mit dem Medium Radio gelesen. Der Abdruck in der

Presse

stand damit in Zusammenhang. Diese Lesung ist auch Teil der CD:

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Hören Sie zu! Das Gesprochene geht von mir aus, es geht aus mir heraus und in Sie hinein, und es ist eben auch: ein Bild, aber eins, das man gar nicht zu sehen braucht. Wer nicht sehen kann, muß hören. Das Hören kann so verführerisch werden wie Bilder es je schon vorher sein können, bevor sie überhaupt da sind. Aber das Hören kann das doch auch! Nein, Sie müssen nicht denken, bevor Sie sprechen, aber Sie müssen denken, wenn Sie zuhören. Das Hören kann interessante Pornographie sein: das Verborgene und gleichzeitig das Verbotene. Noch verbotener ist zum Beispiel nur das Denken. Natürlich! Man braucht ja auch kein Werkzeug aus dem Baumarkt dazu. Und dann wird das Denken irgendwann einmal wieder anständig, weil man es nicht im Verborgenen belassen hat.

aus: Elfriede Jelinek: Hören Sie zu! In: Magazin des Deutschen Theaters Berlin 12 (2004), S. 22-23, S. 22.

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