In Ingeborg Bachmanns Malina finden sich drei Töne über O alter Duft aus Märchenzeit .
Die Töne H, A, Gis (1 – 2 – 3) sind der Beginn für die Konstruktion der Zwölftonreihe, auf der WOLKEN.HEIM . aufbaut.
Auf der C-Linie gespiegelt und im Krebs, erscheinen diese als Reihentöne 4 bis 6 (E, Es, Cis). Die Reihentöne 1 – 2 – 3 lassen, in die Vertikale gespannt,
einen Akkord mit kleiner und großer Septime erscheinen (Akkord 1), die Reihentöne 4 – 5 – 6 einen Akkord mit großer und kleiner Sept (Akkord 2).
Die weiteren Reihentöne 7 – 8 – 9 (D, C und B) bzw. 10 – 11 – 12 (G, Ges und F) lassen sich wie die Akkorde 1 und 2 zu Septakkorden schichten:
kleine Sept und kleine Sept (Akkord 3) bzw. große Sept und große Sept (Akkord 4). Somit ist die chromatische Skala in vier dreistimmige Septakkorde zerlegt,
die da – auf den Horizont gelegt – heißt: H, A, Gis, E, Es, Cis, D, C, B, G, Ges, F. Der Liedanfang in Ingeborg Bachmanns Malina
ist aus Pierre Lunaire.
Bachmann – Ungargasse – Schönberg – Malina – Jelinek – O alter Duft aus Märchenzeit – und Hölderlin:
Einmal lebt ich, wie Götter, und mehr bedarfs nicht. Und Isabelle Huppert in der Ungargasse, vorm Löwenhaus, dem Malina-Löwenhaus,
ich gehe vorbei, WOLKEN.HEIM. im Kopf, Scheinwerfer, Kameras, blockierte Ungargasse, blockiertes Ich, blockierte Lust.
„Oh Wildnis“, „Ungargassenland“. Gegenüber der Japaner (wie wir sagen), roher Fisch, rohes Fleisch, Ende der Enge endlich,
Stadtpark, „und schattige Bäume säuseln im Mittag. Wir sind am Abend unsrer Tage“. Wir , abgegrenzt nach Nord-Ost-Süd-West,
wir eben, eingeebnet in Himmelsrichtungen mit Vergessenem und Vergessenen auf der Strecke. „Mein ganzes Wesen verstummt und lauscht,
wenn die zarte Welle der Luft mir um die Brust spielt.“
Burkhard Stangl: WOLKEN.HEIM. 1989-2009 . In: Stangl, Burkhard: Hommage à moi. Schuber mit Buch, 3 CDs und DVD. Wien: edition echoraum / loewenhertz 2011, S. 110-112.
Burkhard Stangls
Komposition
WOLKEN.HEIM.
existiert in vier Fassungen, die nacheinander entstanden sind. Für die 1. Fassung wurden Textpassagen von Jelinek eingelesen, die Aufführung kam aber aufgrund der Auflösung des vorgesehenen Streichquartetts nicht zustande. Bei der 2. und 4. Fassung handelt es sich um rein instrumentale Fassungen. In der 3. Fassung kommt es durch die teilweise Verzahnung von gesungenem Text (Altstimme) und vom Band abgespieltem gesprochenen Text (Stimme von Jelinek) zu einem „vokalen Polyphonie-Effekt“ (
Burkhard Stangl
). Die von
Stangl
für die Komposition ausgewählten Passagen aus dem gleichnamigen Theatertext wurden nicht verändert.