Die Kinder der Toten
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Drehbuch |
Kelly Copper
,
Pavol Liška
(
Nature Theater of Oklahoma
) auf der Grundlage von Jelineks Roman
Die Kinder der Toten (1995)
Produktionsleitung:
Teresa-Saija Wieser
Künstlerische Mitarbeit:
Claus Philipp
Musik:
Wolfgang Mitterer
Andrea Maier
(Karin),
Greta Kostka
(Mutter),
Klaus Unterrieder
(Förster),
Georg Beyer
(Big P.), lokale Bevölkerung und BesucherInnen des
steirischen herbstes
Copper, Kelly
/
Liška, Pavol
:
Die Kinder der Toten.
Wien
:
Hoanzl
2019
(= Der österreichische Film, Edition Der Standard 312)
.
Copper, Kelly
/
Liška, Pavol
:
Die Kinder der Toten. In:
Philipp, Claus
/
Peternell, Andreas R.
:
Die Untoten von Neuberg. Auf Elfriede Jelineks Spuren durch die Obersteiermark.
Wien
:
Styria
2019
, S. 25-286
.
Der Film wurde bei der Berlinale 2019 in der Kategorie Forum mit dem Preis der Fédération Internationale de la Presse Cinématographique (FIPRESCI) ausgezeichnet. Beim Buenos Aires International Festival of Independent Cinema (BAFICI) 2019 erhielt er den Grand Jury Preis.
Jelineks Essay
o. T. (über das Nature Theater of Oklahoma) (2016)
Jelineks Essay
o. T. (für das Nature Theater of Oklahoma) (2018)
Jelineks Essay
Gehen Sie nicht zu ihnen, die Engel kommen jetzt her!
(2019)
Karin Schiefer: Bei DIE KINDER DER TOTEN gibt es eine
zusätzliche, literarische Ebene in Form des gleichnamigen Romans der
Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek. Kannten Sie ihre Romane schon vorher?
Wie sind Sie auf dieses Buch gestoßen? Was waren Ihre ersten Eindrücke
davon? Kelly Copper: Natürlich hatten wir schon lange vorher
Elfriede Jelineks Bücher gelesen, aber immer in Übersetzungen. Unsere
deutschen Sprachkenntnisse sind nicht besonders umfangreich. Und für „Die
Kinder der Toten“ gibt es bisher noch keine englische Übersetzung, weshalb
man sagen muss, dass unser Zugang zu dem Roman – speziell, selektiv –
überwiegend auf der Basis von Beschreibungen der Lektüre anderer Personen
beruhte. […] Dann erhielten wir die Einladung, ein Projekt in der Steiermark
zu realisieren. Wir suchten nach einem Text mit einem Bezug zu der Region –
tatsächlich ist „Die Kinder der Toten“ tief in der Steiermark verankert. Ich
würde sagen, die Landschaft, die Natur spielt in dem Buch eine Hauptrolle –
gewissermaßen als Gegenspieler der Menschen, mit den Erdrutschen, Lawinen,
den sintflutartigen Regenfällen. Man bekommt dieses Gefühl von Bedrohung,
von einer drohenden Gefahr, die von der Natur ausgeht. […] Ein anderes Thema, für das wir uns im Rahmen dieses Projekts interessierten,
waren spezielle Filmgenres. Wir interessierten uns für den Heimatfilm als
Genre, und über Jelineks Text kam auch der Zombiefilm mit ins Spiel.
Tatsächlich hat Elfriede Jelinek erzählt, dass „Die Kinder der Toten“ von
einem amerikanischen B-Movie, dem Horrorfilm CARNIVAL OF SOULS von Herk
Harvey, inspiriert ist. […] Karin Schiefer: Der Film beginnt und endet mit
Geräuschen und Bildern eines analogen Filmprojektors. Sie nehmen die
Zuschauer*innen auf diese Weise mit in einen
Film im Film. Wie kamen Sie auf diese besondere narrative Rahmung? Kelly Copper: In unserer Version des Romans „Die Kinder
der Toten“ ist der Film zugleich eine Art Figur wie auch das Medium, durch
das die Toten wieder zum Leben erweckt werden. Dieses Element ist nicht in
Jelineks Roman enthalten, sondern nur in unserer Version. Film ist ein
Medium der Übertragung, nicht nur der Handlung, sondern auch des Geistes. Er
bildet eine direkte Verbindung zur Welt der Geister. Zur Vergangenheit. Das
Bild des Projektors zu Beginn des Films soll die Idee in den Vordergrund
stellen, dass Film nicht nur ein technisches, sondern ein spirituelles
Medium ist.
Der Film entstand auf Basis von
Kelly Copper
s und
Pavol Liška
s (
Nature Theater of Oklahoma
) Performance
Die Kinder der Toten – Der Große Dreh
im Rahmen des Jelinek-Schwerpunkts
Die Kinder der Toten
beim
steirischen herbst
2017.
Der Film wurde im Super-8-Filmformat gedreht. Ästhetisch knüpft er an die Tradition österreichischer Heimatfilme (
Heimat
) an, die mit Elementen aus Horror-, Splatter- und Zombiefilmen (
Untote
) kombiniert wurden. Filme wie
Herk Harvey
s Carnival of Souls und
Erich von Stroheim
s Blind Husbands dienten als Vorbilder.
Die Kinder der Toten ist als Stummfilm konzipiert. Es gibt Text-Inserts, eingeblendete Zwischentitel und Texte.
Wolfgang Mitterer
komponierte die Musik zum Film, die vom
Ensemble Franui
ausgeführt wurde.
Der Film wurde an „Originalschauplätzen“ des Romans in der Obersteiermark (
Österreich
) gedreht. Wie im Roman finden sich auch im Film die Pension Alpenrose, das Niederalpl, die Schneealm, der Tirolwanderweg und der Wasserfall zum Toten Weib als Handlungsorte (
Natur
).
Die Ereignisse des Films konzentrieren sich auf drei Handlungsmomente: Den Verkehrsunfall zu Beginn (Szene Crash ), einen Zusammenprall zweier Touristenbusse (
Tourismus
) mit Feuerwehreinsatz, die Szene Cinema 666 , die Trauernde beim Betrachten ihrer Verstorbenen in Super-8-Videos und eine anschließende Attacke durch Untote zeigt (im Gegensatz zum Roman kommen die Untoten nicht aus dem Boden, sondern aus der Leinwand), und The Great Parade , einen Aufmarsch österreichischer Untoter, u.a. Kaiser
Franz Joseph I.
und
Kaiserin Elisabeth
,
Bertha von Suttner
, Bischof
Kurt Krenn
, Nationalsozialisten (
Nationalsozialismus
) und Opfer des Holocaust (
Judenvernichtung
).
Der Film fokussiert auf ausgewählte Stränge des Romans: auf Karin Frenzel, die nach dem Verkehrsunfall zur Untoten wird und sich selbst als Doppelgängerin begegnet, und ihre Beziehung zu ihrer
Mutter
sowie auf den Förster und seine beiden Söhne, die Selbstmord (
Tod
) begingen. Abweichend zum Roman kommt im Film eine Gruppe Syrer vor, mit der auf die aktuelle Flüchtlingskrise (
Flucht
) Bezug genommen wird.
Eine erste Uncut-Version des Films wurde am 13.10.2017 beim
steirischen herbst 2017.
im Veranstaltungszentrum Mürzer Oberland gezeigt.