Ernst ist das Leben (Bunbury) (The Importance of Being Earnest, 1894)

Erstaufführung am Akademietheater, 2005. Foto: Burgtheater Wien / Arno Declair

Personen

John Worthing, Friedensrichter; Algernon Moncrieff; Pastor Chasuble, Dr. theol.; Merriman, Butler; Lane, Diener; Lady Bracknell; Honourable Gwendolen Fairfax; Cecily Cardew; Miss Prism, Gouvernante.

Abdrucke

Erstdruck:

  • Wil­de, Os­car

    :

    Ernst ist das Leben. In: Programmheft des Wiener Burgtheaters zu Oscar Wildes in der Übersetzung von Elfriede Jelinek

    2005

    .

Teilabdruck:

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Aufführungen

Weitere Inszenierungen:

 

Die Übersetzung war eine Auftragsarbeit für das

Wie­ner Burg­thea­ter

. Jelinek erstellte sie zusammen mit

Ka­rin Rausch

.

Das Stück ist in drei Akte gegliedert. Charakteristisch für den Stil der Übersetzung sind ein freier Umgang mit dem Originaltext und sprachliche Aktualisierungen. Die sexuellen Konnotationen (

Se­xua­li­tät

) des Textes und die Künstlichkeit der Dialoge wurden hervorgehoben und verstärkt. Betont wurde auch die in

Wil­des

Text implizite Auseinandersetzung mit

Ho­mo­se­xua­li­tät

, die im Konflikt mit der vom

Pa­tri­ar­chat

geprägten Gesellschaftsordnung (

Ge­sell­schaft

) steht. Ein weiteres Motiv des Textes ist das Spiel mit falschen Identitäten: die beiden Protagonisten Algernon und Jack geben sich unter falschen Namen aus bzw. erfinden fiktive Verwandte oder Bekannte, um unbehelligt ihren Vergnügungen nachgehen zu können. Die Wortspiele im Originaltext wurden ins Deutsche übertragen bzw. durch eigene Wortspiele ergänzt.

Der freie Umgang der Übersetzerinnen mit dem Original wurde in mehreren Rezensionen der Erstaufführung kritisiert.

 

 

Jack (langsam und zögernd): Gwendolen – ich meine Cecily – ach was... alle beide! Es ist sehr schmerzlich für mich, die Wahrheit zu sagen. Es ist das erste Mal in meinem Leben, daß ich in eine solch peinliche Lage gerate. Habe folglich keine Übung darin. Ich will euch aber ganz offen sagen, daß ich keinen Bruder Ernst besitze, nie einen besessen habe und auch nie auf einem sitzen werde. Ich habe überhaupt keinen Bruder, mein Leben lang nicht, und ich habe auch nicht vor, mir in Zukunft einen anzuschaffen. So.
Cecily (überrascht): Überhaupt keinerlei Bruder vorhanden!
Jack (fröhlich): Keiner.
Gwendolen (streng): Du hattest niemals wenigstens irgendeine Abart von Bruder?
Jack (freundlich): Nie. Keinen. Nicht einmal eine Untergattung der Spezies Bruder.
Gwendolen: Ich fürchte, Cecily, wir müssen der Wahrheit ins Auge sehen. Keine von uns ist mit irgend jemand verlobt oder will irgend jemand heiraten.
Cecily: Das ist aber keine sehr angenehme Lage für ein junges Mädchen, oder?
Gwendolen: Nicht verlobt, nicht verheiratet, nicht verschwägert. Laß uns ins Haus gehen! Sie werden es kaum wagen, uns dorthin zu folgen.
Cecily: Sicher nicht. Männer sind sowas von feige, nicht wahr?
(Sie ziehen sich unter verächtlichen Blicken ins Haus zurück)
Jack: Wenn es das ist, was du unter Bunburysieren verstehst, dann ist es ein entsetzlicher Zustand. Keine Ahnung, wieso du immer so scharf drauf warst.
Algernon: Aber ja, da hast du einen! Sogar einen super Bunbury! Der beste, den ich je hatte. Sehr angenehm! Naja, mit kleinen Einschränkungen vielleicht.
Jack: Ich habe dir ausdrücklich verboten, deinen Bunbury hier zu aktivieren.
Algernon: Quatsch! Man kann überall bunburysieren, wo man will! Im Ernst! Jeder ordentliche Doppellader wird dir das jederzeit bestätigen.
Jack: Ein Bunburysierer und ordentlich! Du spinnst ja! Du hast wohl mehr als die doppelte Menge geladen!
aus: Oscar Wilde: Ernst ist das Leben (Bunbury). Ü: Elfriede Jelinek und Karin Rausch. In: Programmheft des Wiener Burgtheaters zu Oscar Wildes Ernst ist das Leben (Bunbury) in der Übersetzung von Elfriede Jelinek, 2005.