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Nachweis
-
Meyer, Adolf-Ernst
:
Elfriede Jelinek im Gespräch mit Adolf-Ernst Meyer. In:
Meyer, Adolf-Ernst
/
Heinrich, Jutta
/
Jelinek, Elfriede
:
Sturm und Zwang. Schreiben als Geschlechterkampf.
Hamburg
:
Verlag Klein
1995
, S. 7-74
.
auch in:
-
Meyer, Adolf-Ernst
:
Pisanie ako boj pohlavi – z psychoanalytického rozhovoru s Elfriede Jelinek. In: Aspekt (Polen) 2/
2001
, S. 50
(auf Slowakisch, Titel: Pisanie ako boj pohlavi – z psychoanaly- tického rozhovoru s Elfriede Jelinek )
.
-
Meyer, Adolf-Ernst
:
Elfriede Jelinek im Gespräch mit Adolf-Ernst Meyer. In:
Janke, Pia
:
Die Nestbeschmutzerin. Jelinek & Österreich.
Salzburg
:
Jung und Jung
2002
, S. 174
.
Adolf-Ernst Meyer:[…] Wortwiederholung trifft Ihr Vorgehen nicht genau, denn meist
wird eine subtile Wortabwandlung wiederholt. Elfriede Jelinek: Es ist so eine Art der Kalauer-Rückführung oder Kalauerisierung,
es nimmt die Sprache beim Wort. Es ist eben kein Kalauer, weil der neue Kontext den Sinn vollkommen umdreht. […] „Die
Men-schen müssen sich rentieren, bis sie ihre Rente erreicht haben.“ Fällt ihnen das zu, oder
ist es das Resultat eines Suchtprozesses? Das möchte ich selber gerne wissen. Irgendwie sind meine Ganglien offenbar so
lose verdrahtet, daß ich einen ständigen Assoziationszwang habe. Wenn ich ein
Wort höre, auch im Alltag, muß ich zwanghaft sofort Alliterationen, Paraphrasen,
Metathesen herstellen, Silben vertauschen. Das ist übrigens eine sehr alte Technik,
die schon die griechischen Grammatiker angewendet haben. Es ist also ein sehr alter
Wunsch, die Sprache selbst zu zwingen, die Wahrheit zu sagen und ihren
Ideologiecharakter preiszugeben. So wie Heidi Pataki, eine Kollegin, in Angrammen über
Waldheim-Ansprüche immer zwei Buchstaben übrigbehalten hat, immer SA und
SS. Die Sprache selbst spricht ja, und ich lasse sozusagen ihren tendenziösen Inhalt
immer wieder aufbrechen. Aber dieser Assoziationszwang, hat man mir gesagt, den
haben haben auch Schizophrene. Irgendwie soll man es auch biologisch verfolgen
können, daß meine Synapsen loser verkabelt sind als bei anderen oder so.
Adolf-Ernst Meyer:Apropos Kommunismus: davon finde ich in Ihrem Werk auch nicht
sehr viel. Vielleicht noch am ehesten in den „Ausgesperrten“, wo Sie so recht klassisch die
drei Schichten schildern, den Arbeiter, die beiden Kleinbürger-Zwillinge und die
Oberklassen-Tochter Sophie, vormals von Pachhofen. Elfriede Jelinek: Die Namen habe ich zum Teil aus dem „Mann ohne Eigenschaften“ entlehnt. Das ist mir entgangen. Es ist auch nur ein kleiner literarischer Scherz, bei dem entscheidend war, daß ich
mir den bewaffneten Terrorismus in der Bundesrepublik in seinen Wurzeln
vorgestellt habe, Ende der fünfziger Jahre, wo schon die Weichen gelegt worden sind, wo
es an der Kippe zur Genese der Jugendkultur stand, es war sozusagen eine
Zeitenwende. Ich versuche immer, meine Versuchsanordnungen möglichst rein zu
erhalten. Und hier konnte man das finden: Die Jugend hat halt Popmusik und Mode und
das alles bekommen zu einer Zeit, wo bei den Eltern noch die Erinnerung an den
Krieg und die Aufbaujahre lebendig waren. So ein Gedanke ist am Rande ja dabei, mit Schallplatten und so... Ja, es beginnt schon mit Rock ’n’ Roll, aber die eigentliche Popkultur beginnt erst
später, mit dem ersten Auftreten der Beatles. Die Klassenstruktur-Versuchsanordnung
entwickelt in den „Ausgesperrten“ diese Brisanz. Nur die Oberschicht kann
natürlich souverän sein, auch in der anarchistischen Aktion, weil sie keine Angst
vor Abstieg haben muß, während das Kleinbürgertum, das ja schon den Faschismus
mit hervorgebracht und getragen hat und heute immer noch die herrschende Klasse
ist, letztlich nur den eigenen Aufstiegsinteressen folgen will. Dieser brain drain, den
der Faschismus verursacht hat, indem er die jüdische Intelligenz, aber auch die
armen Junden [sic] vernichtet hat, hat das Kleinbürgertum als herrschende Klasse mit
sich gebracht. An diese [sic] Klasse mit ihrer Hoffnung auf Aufstieg und der Angst
vor Abstieg krankt das Deutsche bis heute.
In diesem ausführlichen Interview geht es um ihre schriftstellerische Tätigkeit in Zusammenhang mit dem Geschlechterkampf und ihre
Schreibverfahren
. Dabei werden fast alle ihrer bisherigen Werke besprochen (vor allem
Krankheit oder Moderne Frauen
,
Totenauberg
,
Die Ausgesperrten
,
wir sind lockvögel baby!
,
Michael
,
Die Klavierspielerin
,
Burgtheater
,
Lust
und
Die Liebhaberinnen
). Auch über
Psychoanalyse
, Persönliches und Biographisches (
Person
), ihre
Mutter
und ihren
Vater
. Das zentrale Problem der Frauen (
Frau
) besteht für sie darin, „einerseits eine weibliche Identität ausbilden zu müssen und andererseits zu realisieren, dass das Sprechen einer Frau als Anmaßung angesehen wird“ und somit auch das Kunstschaffen von Frauen im
Patriarchat
(
Mann
) herabgewürdigt wird. Veranschaulicht wird dies am Beispiel von
Marieluise Fleißer
. Im Kontext ihres Theatertextes
Krankheit oder Moderne Frauen
über Vampirismus (
Vampir
), weibliche und männliche
Sexualität
. Kritisch reflektiert sie den Begriff
Heimat
und vergleicht das Leben in Wien mit ihren Aufenthalten in der Steiermark. Am Beispiel von
Totenauberg
über die Beziehung von
Martin Heidegger
und
Hannah Arendt
sowie deren
Philosophie
und über das
Judentum
,
Antisemitismus
,
Tourismus
in
Österreich
und Faschismus. Sie skizziert die Entwicklung ihrer
Theaterästhetik
von den frühen Stücken bis zu den aktuellen Arbeiten fürs Theater, kritisiert die Abwesenheit von Frauen im Musikbetrieb sowie die
Fremdenfeindlichkeit
und „Geistfeindlichkeit, die sich im Grund gegen uns Künstler und Intellektuelle richtet“ in Österreich. Ausgehend von
Burgtheater
über die Karriere von
Paula Wessely
im
Nationalsozialismus
und der Nachkriegszeit und den Holocaust (
Judenvernichtung
,
Nationalsozialismus
). Weiters über den
Feminismus
, Kriminalliteratur und reale Kriminalfälle,
Masochismus
und
Pornografie
,
Mode
und Make-up.