Ein E-Mail-Interview mit Elfriede Jelinek

Nachweis

auch in:

 

Über die Rezeption ihrer Werke. Sie äußert Befremden über die Wut, mit der ihre Texte oft in den

Me­di­en

verrissen und skandalisiert werden, und kritisiert die undifferenzierte Vermengung ihrer Person mit ihren Arbeiten. Als „Vorbilder“ für ihre

Schreib­ver­fah­ren

sieht sie die sprachkritischen Schreibtraditionen (

Schreib­tra­di­ti­on

) in

Ös­ter­reich

(vor allem die Wiener Gruppe), aber auch die amerikanische Pop-Literatur (

Pop-Kul­tur

,

USA

) sowie Autoren wie

Wal­ter Ser­ner

und

Ro­bert Wal­ser

. Sie hinterfragt, inwieweit sich der Begriff der „Postmoderne“ auf ihre Arbeiten anwenden lasse, bekennt sich zum

Fe­mi­nis­mus

, kritisiert aber den Begriff der „Frauenliteratur“; über männliche und weibliche Herrschaftsformen (

Mann

,

Frau

) und biographische Elemente in

Die Lieb­ha­be­rin­nen

,

Die Aus­ge­sperr­ten

und

Die Kla­vier­spie­le­rin

(

Per­son

).

 

Aleksander V. Belobratov: Ihre Werke, im deutschsprachigen Raum in sehr hohen Auflagen herausgegeben und auf mehreren Bühnen gespielt, lösen bei ihrem Erscheinen immer heftige Debatten und Diskussionen aus. Sind Sie mit ihren Lesern und Kritikern zufrieden?

Elfriede Jelinek: Zu meinen Lesern kann ich wenig sagen, weil ich nicht öffentlich lese und daher nur wenig feedback bekomme. Was meine Kritiker betrifft, so hat mich immer die Wut befremdet, mit der sie sehr oft auf mich reagiert haben, die Aufgeregtheit, ja „Aufgeladenheit“, ich habe das Gefühl, daß man meine Texte nicht mit ruhigem Abwägen liest. Das kann natürlich gut sein, aber persönlich ist es eine Bedrohung für mich, wenn z. B. ein Theaterkritiker als Polemik (nicht als Kritik, denn es war keine Kritik) schreibt: solche Stücke („Raststätte“) wollen wir nicht auf unseren Bühnen sehen! Also ein deutscher Schrei nach Zensur, daß so etwas nicht aufgeführt werden soll.

aus: Aleksandr V. Belobratov: Ein E-Mail-Interview mit Elfriede Jelinek. In: Jahrbuch der österreichischen Bibliothek in St. Petersburg 1997/98, S. 134-139, S. 134.

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