Herlinde Koelbl: Frau Jelinek, einige Fragen zu ganz pragmatischen Dingen, dem
Handwerk. Womit schreiben Sie?
Elfriede Jelinek: Am Anfang habe ich zwei Jahre lang nur
Gedichte geschrieben, und zwar mit der Hand. Als ich eine Schreibmaschine bekam,
lernte ich sofort Zehnfinger blind schreiben. Ich schreibe wahnsinnig schnell, weil
ich Musikerin bin und schreibe, so schnell ich denken kann. Ich denke allerdings nicht
sehr schnell. Inzwischen schreibe ich gleich in den Computer, weil das der Übermittlung
zwischen den Gedanken und der Notation den geringsten Widerstand entgegensetzt. [...]
Ist Ihnen das Schreiben dann eine Lust?
Aus dem Nichts heraus etwas zu schreiben ist eher eine Qual, aber wenn ich schon
etwas habe und damit spielen kann, ist es wahnsinnig lustvoll. Es ist tatsächlich
diese Diskrepanz zwischen Verzweiflung und Angst vor dem Anfangen und dann
absoluter Leidenschaft. Das eine ist halt nicht ohne das andere zu haben. Leider.
[...]
War die Umstellung von der Schreibmaschine auf den Computer
schwierig?
Schwierig war die neue Art, Ordnung zu halten – daß man jetzt nicht mehr Manuskripte
hat, sondern Disketten.
aus: Herlinde Koelbl: Elfriede Jelinek. In: Koelbl, Herlinde: Im Schreiben zuhaus. Wie Schriftsteller zu Werke gehen. Fotografien und Gespräche. München: Knesebeck 1998, S. 64-67, S. 64-65.
Über ihre Schreibwerkzeuge (zunächst Schreibmaschine, dann Computer) und den Schreibvorgang. Die Arbeit mit dem Computer komme ihren
Schreibverfahren
entgegen. Sie bezeichnet sich als Morgenmensch, der früh zu schreiben beginnt, und charakterisiert ihre Arbeit als „Diskrepanz zwischen Verzweiflung und Angst“ einerseits und „absoluter Leidenschaft“ andererseits. Der Interview-Text ist kombiniert mit Fotos der Autorin und ihren Arbeitsgeräten.