Margarete Lamb-Faffelberger:Sie glauben also prinzipiell nicht, daß sich vielleicht ein
„normalisiertes“ Verhältnis der Presse Ihnen gegenüber abzeichnet?Elfriede Jelinek: Nein. Ich habe nicht den Eindruck, daß es das tut.
Ich habe vielmehr den Eindruck, daß man etwas vorsichtiger geworden ist, da man von anderer Seite
gehört hat, daß da wohl irgendetwas dahinter stecken muß. Doch daß ich da jetzt hier (in Österreich – MLF)
geschätzt werden könnte als jemand, der eine gesellschaftlich nützliche Arbeit leistet, indem er diesem Land
sozusagen einen Spiegel vorhält – das wäre zu viel verlangt. Thomas Bernhard haben sie ja auch getreten und
angespuckt, allerdings haben sie ihn aufgeführt. Das Werk eines Mannes hat doch eine andere Art von
Wertschätzung als das Werk einer Frau, das man mit viel Berechtigung glaubt, leicht herunter machen zu können.
Was erhoffen Sie sich durch eine aufgeschlossenere Feuilleton-Rezeption
im Hinblick auf Ihre Arbeitsmöglichkeiten und -bedingungen in Österreich jetzt zu Beginn
der 90er Jahre?
Ich würde mir das natürlich schon erhoffen, daß die Kritiker sich mehr mit ästhetischen
Fragen beschäftigen und ihr Urteil dadurch etwas treffender würde. Das gilt ja nicht nur
mir, sondern auch anderen Autoren, die hier immer falsch oder gar nicht rezipiert worden
sind. Die ganze österreichische Avantgarde ist ja bis heute eigentlich tot. […]
Andererseits gefällt es mir eigentlich ganz gut, hier ein Außenseiter im eigenen Land zu sein.
Da habe ich wenigstens meine Ruhe und kann mich zurückziehen. Das ist mir eigentlich das
Wichtigste, muß ich gestehen.
aus: Margarete Lamb-Faffelberger: Interview mit Elfriede Jelinek. In: Lamb-Faffelberger, Margarete: Valie Export und Elfriede Jelinek im Spiegel der Presse. Zur Rezeption der feministischen Avantgarde Österreichs. Frankfurt am Main: Lang 1992, S. 183-200, S. 198-199.
Über den medialen Umgang (
Medien
) mit ihrer Person sowohl in
Österreich
als auch in
Deutschland
. Ein Problem der medialen Rezeption sei für sie, „daß die Kunst von Frauen im Feuilleton […] viel stärker als die der Männer biographistisch behandelt wird“ (
Frau
,
Mann
). Dies habe zur Folge gehabt, dass ihre politischen Ansprüche (
Politik
) und literarischen Ansätze in Interviews oft „auf die trivialste persönliche Ebene herabgesenkt werden“ und „sich kaum einer um ästhetische Fragen kümmert“. Auch über die akademische Erarbeitung ihrer Werke und den
Feminismus
.