Sigrid Löffler:Wie fühlt man sich als Schriftstellerin, wenn man sich plötzlich als
Wahlkampfthema plakatiert findet – also im Mittelpunkt der politischen Aufmerksamkeit?
Elfriede Jelinek: Das Gefühl war ein absolutes Erschrecken, weil die
Plakate so riesig waren. Es war das Gefühl, angeprangert zu sein – mit Namen. Ich stehe auf
diesem Plakat als Künstlerin ja allein mit meinem Namen. Die Politiker stehen als Politiker drauf,
und Claus Peymann steht in seiner Funktion als Burgtheater-Direktor drauf, nicht als Regisseur.
Nur ich falle da völlig heraus. Ich habe ja keine Funktion, ich habe nur meinen guten Namen,
den ich mir allein gemacht habe.
aus: Sigrid Löffler: Vom Gefühl, am Pranger zu stehen . In: Die Woche, 15.12.1995.
Über die Wahlplakate der FPÖ (
Freiheitliche Partei Österreichs
),
Wolf Martin
,
Jörg Haiders
(
Haider, Jörg
) Hass auf KünstlerInnen (
Künstler
,
Künstlerin
) und Intellektuelle und den
Burgtheater
-Skandal. Sie habe es „immer als die Aufgabe von Literatur gesehen, die verdrängte Geschichte (
Nationalsozialismus
) kritisch aufzuarbeiten“, es sei „keine Nestbeschmutzung, sich kritisch mit der Zweiten Republik zu befassen“.