Irgendwelche Überväter. Gespräch mit der Schriftstellerin Elfriede Jelinek

Nachweis

 

Über ihr Drehbuch zu

Ma­li­na

und

Wer­ner Schroe­ters

filmische Umsetzung.

Schroe­ters

Bildsprache sei „so künstlich und mit Bildern aufgeladen“, dass es ihr möglich war, „mit einer Kunstsprache zu operieren“ und mit ihrem Text „nicht einfach Bilder zu illustrieren, sondern Text und Bild in einer dialektischen Wechselwirkung eigentlich gegenläufig zu gestalten“. Durch diese „Asynchronizität“ werde erhellt, dass „das, was scheinbar individualistisch ist, auch nur gesteuert ist von der Gesellschaft, vom Patriarchat, von irgendwelchen Übervätern in den Medien, in der Werbung oder wo auch immer“ (

Me­di­en

,

Pa­tri­ar­chat

). Kurz auch über

Lust

,

Krank­heit

und

To­ten­au­berg

.

 

Sonja Schock:Es ergeben sich nun zwangsläufig Leerstellen und auch Hinzufügungen, wenn aus einem Text ein anderer Text gemacht wird. Wie sind Sie damit umgegangen?

Elfriede Jelinek: Das Buch und der Film sind sowieso zweierlei. Es ist ja sehr viel, was im Drehbuch geschrieben ist, gar nicht verfilmt worden. Ich habe mich sehr an den Originaltext gehalten, es sind für eine Literaturverfilmung eigentlich erstaunlich viele Textmontagen von der Bachmann im Drehbuch, wobei man auch sehen muß, daß, selbst wenn er noch so locker geschrieben ist, ein normaler Sprechdialog in einem Roman nicht einem normalen Sprechdialog in einem Film entspricht. Andererseits wieder ist die Bildsprache von Werner Schroeter so künstlich und mit Bildern aufgeladen, daß es durchaus möglich ist, was bei einem anderen Regisseur furchtbar wirken würde, mit einer Kunstsprache zu operieren, wie es mir ja auch aus dem Theater sehr geläufig ist. [...]

Ich hatte im Film oft das Gefühl, daß Bild und Wort gegeneinanderlaufen. War das intendiert?

Es ist schon eine Reibung da, also, es gibt viele Sachen, wo ich gewußt habe, daß der Schroeter sie so nicht inszenieren wird, wie ich sie geschrieben habe. Die Schlußsequenz mit dem Feuer zum Beispiel ist im Drehbuch gar nicht so angelegt und das sind ja immerhin 20 Minuten des Films.

aus: Sonja Schock: Irgendwelche Überväter. Gespräch mit der Schriftstellerin Elfriede Jelinek. In: Freitag, 22.3.1991.