Wolfgang Kralicek, Klaus Nüchtern: Was war Ihre erste Reaktion, als Sie das Ihrem jüngsten Stück zugrunde gelegte Material, das ja vor allem aus Protokollen abgehörter Telefongespräche von Mädchenhändlern, Zuhältern und Freiern besteht, zum ersten Mal im „Falter“ gelesen haben?
Elfriede Jelinek: Ich war sofort wie elektrisiert von dieser völlig unverstellten Objektsprache. Es ist für mich als Stückeschreiberin immer ein großes Glück, O-Ton, die Originalsprache, den Sprachduktus von realen Menschen zur Verfügung zu haben. Ich habe dann noch weiteres Material dazu bekommen und habe sofort gewusst, dass ich etwas damit machen muss, obwohl ich eigentlich gar kein Stück schreiben wollte. Es hat sich dann faktisch selber geschrieben.
Das ist ja alles auch ziemlich grauslich – haben Sie nicht gezögert, das zu verwenden? Oder anders gefragt: Wann haben Sie sich dazu entschlossen, damit etwas zu machen?
Ich habe mich sofort dazu entschlossen. Wieso grauslich? Das ist die Realität. Männer sprechen oft so über Frauen, und wenn sie für die Frauen bezahlen, dann wollen sie natürlich auch anschaffen, was sie dafür kriegen wollen. Sozusagen der private Diskurs über Frauen als Geschäftsgespräch.
aus: Wolfgang Kralicek, Klaus Nüchtern: „Stolz ist mir sehr fremd“. In: Falter 18/2007.
Über ihren Theatertext
Über Tiere
aus Anlass seiner Uraufführung; Ausgangspunkt für die Arbeit am Text war „die völlig unverstellte Objektsprache“ in den verwendeten Abhörprotokollen, mit der die Männer (
Mann
) über die Frauen (
Frau
) „in Warenform“ (
Kapitalismus
) sprechen. Weiters über
Tiere
(z.B. ihre Hündin Floppy (
Person
)), die Rolle der RegisseurInnen als Co-AutorInnen ihrer Texte und ihr Leben in Wien und München. Sie erläutert die Gattungsbezeichnung Privatroman ihres neuen Textes
Neid
und betont, dass er „nicht als Buch erscheinen wird“, weil sie „das Internet als eine demokratische und allen zugängliche Verbreitungsform ansehe“ (
Demokratie
,
Internet
) und sie auch formal etwas Neues ausprobieren möchte (
Schreibverfahren
). Auch über die Sieben Todsünden (
Todsünde
) und ihre Begeisterung für die TV-Serie Six Feet Under .