Roland Koberg: Was macht eine Prinzessin aus?
Elfriede Jelinek: Keine kann eine werden, es sei denn man wäre schon eine. Oder durch Heirat. Das geht allerdings auch. Dann verleiht ihr der Mann ihren Wert. Bei der Heirat von Diana mit dem Prince of Wales hat der Erzbischof ja gesagt, an diesem Tage könne – sollte? – jeder, jede Prinz und Prinzessin sein. Die Prinzenrolle reichte dann bis zur Prinzessin der Herzen. Aber das alles täuscht natürlich nicht darüber hinweg, dass eine Prinzessin eine sein oder durch Heirat werden muss. Es kann nicht jede einfach eine sein, nur weil sie es will. Es ist eine Möglichkeit, die ihre eigene Grenze schon ins ich trägt: Prinzessin zu werden beziehungsweise zu sein.
aus: Roland Koberg: „Meine Figuren sprechen wie die Blinden von der Farbe“. In: DT Magazin, Nr. 6 (= Dezember, Januar, Februar), Spielzeit 2002/03.
Über Prinzessinnen, schreibende Frauen (
Frau
) und die Figuren in ihren
Prinzessinnendramen
. In
Die Wand
versuche sie, zu zeigen, „dass die Frau eben immer versagen muss, wenn sie sich mit ihrer Kunst in ein männliches Normensystem begeben muss (
Künstlerin
), also in ein System, dass sie [...] nicht mitprägen konnte“ (
Patriarchat
). Die in ihren Texten verarbeiteten Bilder aus Film und Fernsehen „überziehe sie mit der zweiten Natur der Trivial- oder Philosophiesprache“ (
Philosophie
) und reiße ihnen damit „die eigenen Wurzeln immer wieder selbst heraus“, indem sie „sie zuerst beschwöre und dann ausstreiche“.