„Sieg der Geistlosigkeit“

Format, 30.10.1999

Nachweis

auch in:

 

Ausgangspunkt des Gesprächs ist der Wahlerfolg der FPÖ (

Frei­heit­li­che Par­tei Ös­ter­reichs

) und

Jörg Hai­ders

(

Hai­der, Jörg

) bei der österreichischen Nationalratswahl 1999. Sie spricht über die Reaktionen, die nun seitens der Bevölkerung und der

Po­li­tik

erfolgen müssten, und kritisiert die

Frem­den­feind­lich­keit

in

Ös­ter­reich

sowie die Dominanz der

Kro­nen Zei­tung

im Vergleich zur vielfältigen Presselandschaft in

Deutsch­land

. Der Theatertext

er nicht als er

wird aufgrund der bevorstehenden Premiere am

Wie­ner Volks­thea­ter

kurz angesprochen.

 

Elisabeth Hirschmann-Altzinger:Ihre Resignation angesichts der Wirklichkeit geben Sie in Ihrem Robert-Walser-Drama „er nicht als er“, das am 14. November am Volkstheater gespielt wird, Ausdruck.

Elfriede Jelinek: Ich halte Walser für einen der größten deutschsprachigen Schriftsteller. Ich verehre diese schreibende Machtlosigkeit, diesen Irrsinn, der ja keiner war in meinen Augen. Seinem Verzicht auf die Welt, um aus sich heraus Welt zu produzieren, fühle ich mich ver-wandt, dem Rückzug, weil man zum Leben nicht gut genug ausgestattet ist. Das Stück folgt der Erkenntnis, daß politisches Theater nichts bewirken kann.

Ein Schlüsselsatz des Stückes, das weder Figuren noch Handlung hat, lautet: „Sie werden mich in mir nicht finden.“

Das hängt mit mir und mit der Wirklichkeit zusammen. Ich versuche, mein sprechendes Ich zu analysieren. Wer ist es, der „Ich“ sagt? „er nicht als er“ hat wie „Wolken.Heim.“ keine vordergründige Dramaturgie und Rollenverteilung. Es ist die Aufgabe des Regisseurs, den Text fertigzuschreiben. Diese handlungslosen Dramen sind Gedichte im weitesten Sinn, so kompakt wie ein gepreßter Heuball.

aus: Elisabeth Hirschmann-Altzinger: „Sieg der Geistlosigkeit“ . In: Format, 30.10.1999.