N. N.:„Babel“ ist, nach „Bambiland“, Ihr zweites Stück zum Irak-Krieg: drei Monologe
über Sexualität, Religion und Gewalt…
Elfriede Jelinek:Bambiland ist, will man eine musikalische terminologie
verwenden, sozusagen das Thema, und die drei Monologe sind die Durchführung. Durch
Bambiland führt als Rhythmusgeber Aischylos und seine Perser, in den Monologen
gebe ich selbst den Rhythmus vor. Zuerst wird vom Westen den Unterdrückten
die sogenannte Freiheit gebracht (in G.W. Bushs zweiter Inaugurationsrede kommt
das Wort Freiheit ja öfter vor als jedes andere), aber die Lieferung mittels Raketen,
denen ja nichts heilig ist, schlägt dann auf diese Heils- und Freiheitsbringer wieder
dialektisch zurück. Die Freiheit ist doch im Grunde etwas Vernünftiges, das sich
jeder wünscht (auch jedes Volk), aber sie kommt als ihre eigene Parodie bei den
Befreiten an, als ihre eigene Dekonstruktion, letztlich als ihr Gegenteil, das die Freiheit
des anderen geringer achtet als die eigene. Ich versuche, dieses Umkippen des
vernünftigen Vorgangs des Friedenbringens in Wahnsinn (Macht-Wahn) in möglichst
vielen Facetten zu beschreiben, bis sogar die Freiheit selbst, dieses „höchste Gut“,
als ihre eigene Parodie erscheint, da sie ja „gebracht“ wurde und nicht genommen.
aus: N. N.: „Wer bekommt schon, was er verdient?“ In: Bühne 3/2005, S. 28-29, S. 28.
Über
Babel
und
Bambiland
, die SchauspielerInnen
Irm Hermann
,
Margit Carstensen
,
Peter Kern
, den Regisseur
Nicolas Stemann
, den
Irakkrieg
,
Lynndie England
und die Auswirkungen des Nobelpreises (
Nobelpreis
) auf ihr Leben. Ihr
Schreibverfahren
in
Babel
charakterisiert sie dahingehend, dass sie „entmythologisiere, indem ich immer wieder neu mythologisiere“. Sie benutze die Mythen, „um Abstand von meinem Gegenstand zu erzeugen und gleichzeitig mit ihm möglichst zu verschmelzen“.