„… und dann zustoßen wie eine Sandviper“

Der Standard, 9./10.10.2004

Nachweis

 

Über den

No­bel­preis

, den sie als „große Belastung“ empfindet, und Vereinnahmungen seitens der

Po­li­tik

in

Ös­ter­reich

. Sie hofft, dass die sprachzentrierte österreichische Literatur durch den Preis international stärker wahrgenommen wird, und erläutert ihre Gründe, warum sie nicht bei

Gün­ther Nen­nings

„Austrokoffer“ mitgemacht hat. Über

Pe­ter Hand­ke

als ihren „Antipoden“ und über die österreichische

Ge­sell­schaft

als „eine der Untoten“ (

Un­to­te

). Über ihr „kompositorisches Verfahren“ (

Mu­sik

) als zentrales Charakteristikum ihrer schriftstellerischen Arbeit und die Inszenierungen ihrer Theatertexte durch

Ei­nar Schle­ef

und

Chris­toph Schlin­gen­sief

.

 

Claus Philipp, Ronald Pohl:Sie haben nach der Nachricht in etwa formuliert: Wahre Literatur dürfe nicht „berühmt“ sein. Könnten Sie das genauer ausführen?

Elfriede Jelinek: Literatur darf alles sein. Nur die LiteratInnen dürfen nicht berühmt werden. Das ist ein Fluch. Man muss aus dem Verborgenen heraus beobachten und dann zustoßen wie eine Sandviper.

Ab wann beginnt zum Beispiel in Österreich das Vereinnahmtwerden (siehe Austrokoffer)?

Das ist ja ein bekanntes Phänomen, dass man diejenigen, die einen kritisieren, mundtot machen will, indem man sie in der Umarmung erdrückt. Ich hätte beim Austrokoffer also durchaus mitgemacht, also in einer ganz normalen Anthologie österreichischer Literatur, immer, aber ich war nicht bereit, das zum Ruhm des derzeitigen offiziellen Österreich, sozusagen als schmückendes Beiwerk, zu tun, gesponsert und beworben von der Agentur des gesunden Volksempfindens, der Krone.

aus: Claus Philipp, Ronald Pohl: „… und dann zustoßen wie eine Sandviper“ . In: Der Standard, 9./10.10.2004.