Der Körper der Frau erscheint in doppelter Brechung. Zwei Schöpfer, Vater und Mann,
fixieren sie in ihrer Körperhaftigkeit und definieren sie gleichzeitig als Körper,
in den die Geschichte seines Geschlechts eingegraben ist. Vor der maltechnischen
Herausforderung des Aufpralls des ganzen Mittelteil-Fleischhaufens, der jeden Augenblick
zu erwarten ist, hat Rubens einen Augenblick Luft gesetzt, um die narrative Ebene ganz unten
(im Gegensatz zur ästhetizistischen in der Mitte) mit ihren Körperpaarungen von Teufeln,
die sündhafte Frauenkörper ausstellen, um der Sünde selbst habhaft zu werden, davon abzuheben,
das Auge drauf zu lenken. Hier wird die Geschichte immer wieder neu erzählt.
Die Frauen scheinen an die wie zusammengenagelten Verschalungen der Männerkörper angeklebt zu sein,
auch das Paar in der Mitte, das sich im Profil zeigt. Es ist, als würde – in einer seltsamen Form
der Parthenogenese – der Mann die Frau gebären, sie von sich abspalten, ein Zweites,
das nichts ist ohne ihn, von dem jedoch er sich wiederum abhebt als das ganz Andre.
Und daß dem Einen das Andre fehlt und ewig fehlen muß. Nur wenn Gott sie in ihrer Sündigkeit hinabwirft,
paßt eins ins andre.
aus: Elfriede Jelinek: Der freie Fall der Körper. In: Die Zeit (Zeit-Magazin), 7.4.1989.
Über
Peter Paul Rubens’
Das kleine Jüngste Gericht .