Landmann: Sie tragen eigenwillige Hemden, Hosen und
Schuhe, denn hier zählt ihr eigener Wille noch was, und das kriegen Sie
alles hier, ja, genau hier! Sie wollen sich vergrößern? Dann können Sie mit
dem, was Sie hier bekommen, an sich anbauen.
Stadtmann: Kleidung hat einen Zeitbezug, kein Zweifel,
doch das, womit Sie sich beziehen, ist nicht mehr zeitgemäß. Sie sind
festgefahren! Setzen Sie sich erneut in Gang! Diese Kleidung, mit der Sie
eine Art von Willen ausdrücken, zumindest glaube ich das, wenn ich Sie so
anschaue, ersetzt ihren eigenen Willen auch wieder ganz großartig.
Mosi als Salomé: Das trägt alles meinen Stempel, immer
meinen Stempel, nur die Blüte war stets eine andre. Die Mode ist ja:
Abwechslung. Mit dem Stempel hätte ich auch vorsichtiger sein sollen, den
hätte ich nicht auf alles drauftun sollen.
Ansage: Die Straße.
Windows: Genau diese Straße muß es sein, in die man
sich hineindrückt, hier konzentriert sich alles, nur ich bin unkonzentriert
und kaufe mir etwas, das an mir nicht so aussieht, wie es aussehen sollte
und wie es schon ausgesehen hat! In dieser Straße hast du kein
Rückgaberecht.
aus: Leonhard Koppelmann: Die Straße. Die Stadt. Der Überfall. Hörspieltyposkript, Bayerischer Rundfunk 2013.
textgrundlage für
Leonhard Koppelmann
s Hörspielbearbeitung bildete Jelineks Theatertext
Die Straße. Die Stadt. Der Überfall. , der in Bezug auf
Mode
geschlechtsspezifische Konnotationen (
Frau
,
Mann
) von
Natur
und
Körper
reflektiert und Mechanismen von
Gesellschaft
und
Kapitalismus
aufzeigt.
Das Hörspiel besteht aus zwei Teilen, die nacheinander gesendet wurden. Beide Teile beginnen mit der gleichen Textsequenz. Der Text wurde auf mehrere SprecherInnen aufgeteilt, die im Hörspieltyposkript folgendermaßen benannt sind: Ansage, Pentheus, Mosi als Salomé, Windows, Frau im Spiegel, Stadtmann, Landmann, Frau im Mantel. Bei den als „Ansage“ bezeichneten Textsequenzen wechseln einander die SprecherInnen ab. Im Hintergrund sind zahlreiche Geräusche und Klänge in unterschiedlicher Lautstärke zu hören: Schritte, Glockenläuten, leise Musik, Chöre etc.