Fasziniert von Elfriede Jelineks Stück Er nicht als er [sic], das für mich eine Art Liebeserklärung an den Schweizer Schriftsteller Robert Walser (1878-1956) darstellt,
habe ich über diesen Text zunächst ein Monodram für Darstellerin, Posaune und Orchester geschrieben (Fuge-Unfug-E ), das 2008 von der Neuen Oper Wien in der Wiener Kammeroper
aufgeführt wurde (Darstellerin Gunda König, Posaune Renate Slepicka, Regie Johannes Erath, Dirigent und Produzent Walter Kobera). Heute – ein Jahr danach – versuche ich, die Botschaft des Stückes auf drei
Ideen zu konzentrieren: Das Leben, die Musik/die Sprache, der Tod.
Zum besseren Verständnis sollte man vielleicht wissen, dass Robert Walser die letzten dreiundzwanzig Jahre seines Lebens in der Psychiatrie verbrachte, ohne uns ein einziges geschriebenes
Wort aus dieser Zeit hinterlassen zu wollen. Dagegen hat Elfriede Jelinek nie aufgehört, mit einer manchmal verzweifelnden Energie gegen die Ungerechtigkeit der Welt (besonders die gegen Frauen) zu kämpfen.
Er wie Sie repräsentieren zwei extrem sensible Wesen, die an ihrer Existenz leiden, auf diese Zerbrechlichkeit aber gegensätzlich reagieren und Widerstand leisten.
aus: Dieter Kaufmann: Lui comme elle [2009] Op. 108 B. [Er wie Sie]. In: booklet zur CD Kaufmann, Dieter: Symphonie acousmatique. Paris: Motus Acousma 2010.
Sowohl textlich als auch musikalisch besteht Lui comme elle (Er wie Sie) aus Materialien, die
Dieter Kaufmann
seiner Oper FUGE-UNFUG-E entnahm und elektroakustisch weiterentwickelte.
Das Werk besteht aus „drei Stationen der Reflexion“ (
Dieter Kaufmann
): 1. Das Leben , 2. Die Musik/die Sprache , 3. Der Tod . Das elektroakustisch konzipierte Werk kann in der Präsentation durch unterschiedliche Klangregien (z. B. durch die Anzahl und räumliche Wirkung der Lautsprecher) variieren. Der Titel Lui comme elle (Er wie Sie) bezieht sich auf Jelineks Theatertext
er nicht als er
, der die Textgrundlage für die Oper und das Hörspiel bildet. Eines der beiden maskulinen Pronomen wurde durch die femininen Formen „elle“/„Sie“ ersetzt. Einige der im Hörspiel verwendeten Textsequenzen wurden von
Kaufmann
und
Gunda König
ins Französische übersetzt.
Wie der Theatertext, der die Grundlage der Hörspielfassung bildete, werden anhand von
Robert Walser
s Leben die Rolle des
Künstlers
als gesellschaftlicher
Außenseiter
sowie Themen des
Wahnsinns
und des Verstummens verhandelt.