Schon anläßlich der letzten rechts-rechten Regierung und der Proteste dagegen habe ich gesagt,
daß ich nicht gedacht hätte, das, was ich immer schon gesagt habe (und was davon leider nicht besser wurde),
noch einmal sagen zu müssen: Österreich — ein Land, das sich meldet, und auf diesem Meldezettel steht:
Es ist wieder soweit, wir sind wir, und wir haben schon wieder diese Zeit, sie ist wieder da, und sie gehört uns,
diesmal aber wirklich, diesmal hören wir nicht zu früh auf. Wir wiederholen uns, jedes Mal schlechter, wie unbegabte Schüler,
die auch nach der fünfzigsten Wiederholung nicht erklären können, was sie eigentlich sagen möchten.
Und was der Schüler der Geschichte wirklich meint (und der dort auch, der grade so eifrig aufzeigt),
ist sowieso etwas ganz andres. Was der Schüler meint, das steht dahinter, es steht hinter ihm, es ist nicht dahingestellt,
das ist gar nicht nötig, jeder versteht es auch so, jeder versteht, was sie meinen, wenn sie nichts sagen,
und jeder versteht genauso, wenn sie zuviel sagen. Das kann dann jeder sagen. Ich hätte damals, 2000,
nicht gedacht, daß ich das noch ein weiteres Mal hinschreiben würde.
aus: Elfriede Jelinek: Oh, du mein Österreich! Da bist du ja wieder!
https://www.elfriedejelinek.com/fodumeinoesterreich.html (13.9.2018), datiert mit 12.9.2018 (= Elfriede Jelineks Website).
Verfasst als Aufruf zur
Demonstration
Es ist wieder Donnerstag am 4.10.2018 auf dem Wiener Ballhausplatz; in Erinnerung an die Donnerstagsdemonstrationen gegen die ÖVP-FPÖ-Regierung (
Freiheitliche Partei Österreichs
) im Jahr 2000 (
Politik
) über Parallelen zur aktuellen Lage in
Österreich
und das erneute Erstarken rechtsextremer Ideologie (
Rechtsradikalismus
). Bezugnahmen auf aktuelle politische Debatten wie die Einführung der berittenen Polizei und den „12-Stunden-Tag“, die Pflegekrise (
Ausbeutung
) und die angekündigte Kürzung des Kindergelds. Thematisierung des Skandals um die Hochzeit von FPÖ-Außenministerin
Karin Kneissl
, zu der sie den russischen Präsidenten
Vladimir Putin
einlud. Diskussionen um Migration (
Flucht
) setzt Jelinek in den Kontext der Verbrechen des
Nationalsozialismus
und Österreichs Umgang mit der Vergangenheit (
Vergangenheitsbewältigung
).
Der Text wurde von
Nikolaus Habjan
mit seiner Jelinek-Puppe eingelesen und als Video am 7.9.2018 auf Youtube veröffentlicht. Das Video wurde über zahlreiche Medien verbreitet.