Heinz Sichrovsky:Sie beide sind erfolgreiche, akzeptierte Frauen. Verstehen Sie sich als
Feministinnen?
Elfriede Jelinek: Ja. Die Frau daheim dient heute bloß als Gratisaufladestation und
Regenerationszentrum für Männer. Sogar ich als relativ arrivierte Frau spüre
andauernd Diskriminierung. Meine Werke werden nie die Beachtung finden wie die
eines Mannes.
Emmy Werner: Das kann ich aus meiner Erfahrung bestätigen. Als ich dieses Amt
übernommen habe, hätte man glauben können, ein Gorilla hätte den Job
bekommen, so groß waren Hohn und das Erstaunen. Übrigens habe ich vor kurzem im
ORF einen „Runden Tisch“ zum Thema „künstliche Befruchtung“ gesehen, und da
sind doch tatsächlich sechs Männer und keine einzige Frau gesessen.
Elfriede Jelinek: Die Männer wollen endlich auch einmal gebären können. Wenn es
schon biologisch nicht geht, dann wenigstens als Fertilitätstechnologen.
aus: Heinz Sichrovsky: Frauen-Gipfel. In: News, 1.4.1993. DN
Anlass für dieses Gespräch zwischen Jelinek und Volkstheater-Direktorin
Emmy Werner
ist die Premiere von
Wolken.Heim.
am
Wiener Volkstheater
. Jelinek äußert sich sehr pessimistisch über die Situation in
Deutschland
und
Österreich
nach dem „Ende“ des
Kommunismus
, da sich hier „die Gewalt immer nach unten“ (
Gewalt
) richte, gegen Obdachlose und MigrantInnen. Beide bekennen sich zum
Feminismus
, äußern sich über patriarchale Machtstrukturen (
Patriarchat
), haben aber unterschiedliche Einstellungen zu Kindern. Kurz angesprochen werden auch die RAF-Zitate (
Rote-Armee-Fraktion
) in
Wolken.Heim.