„Nonnen sind die elegantesten Frauen“

Nachweis

 

Jelinek und

El­frie­de Gerstl

sprechen über

Mo­de

. Anlass für das Gespräch ist eine Modepräsentation von

El­frie­de Gerstl

im „Freihaus“, bei der auch Jelinek mitwirkte. Jelinek äußert sich begeistert über die Hüte in

Gerstls

Sortiment, spricht über das subversive Potenzial von Kleidung (z.B. im Punk), Frauenbilder (

Frau

) und aggressive Reaktionen, die ihre Modebegeisterung ausgelöst habe. Über ihre Vorliebe für die Kleider von japanischen Designern und dass „Klosterschwestern [...] die elegantesten Frauen sind“. Auch über theoretische Ansätze zur Mode von

Ben­ja­min

,

He­gel

und

Watz­la­wick

.

 

Elfriede Gerstl: Ich bin kürzlich draufgekommen, was für Leute alles über Mode geschrieben haben. Sogar Hegel. Der hat – so in etwa – gemeint, daß es besser wäre von der Mode abhängig zu sein als von der Natur.

Elfriede Jelinek: Ja, sehr gut, sehr gut. Man könnte ruhig mehr von der Mode abhängig sein. Das ist etwas sehr Menschliches. Ich bin ja überhaupt nicht für das Ideal der ungeschminkten, natürlichen, deutschen Frau. Das ist ja auch so schön an dem Film Stadt ohne Juden: Das müssen dann alle Loden tragen, weil die jüdischen Seidenhändler weg sind. Das ist dann fast schon Wahrheit aus Kindermund. Das anti-urbane Ideal der ungeschminkten deutschen Frau ist mir zutiefst suspekt. Ich habe mich schon mit dreizehn geschminkt.

Elfriede Gerstl: Es gibt ja auch gar keine Möglichkeit, sich der Mode zu entziehen. So wie der Watzlawick sagt, daß es unmöglich ist, nicht zu kommunizieren, so kann man sich auch nicht nichmodisch verhalten.

aus: Klaus Nüchtern, Clarissa Stadler: „Nonnen sind die elegantesten Frauen“ . In: Falter 24/1992.