Ingrid Seibert:Kleider sind für Sie offenbar eine Art Luxus-Panzer, etwa so, wie sich andere teure Autos kaufen.
Ist die Liebe zur Mode nie mit ihrer politischen Existenz als Kommunistin kollidiert?
Elfriede Jelinek: Komischerweise bin ich dafür in der politischen Bewegung
nie angefeindet worden. Man darf nicht vergessen, daß in den traditionellen kommunistischen Parteien
auch sehr viele Bürger sind – Kleinbürger mehr noch als Bürger. Da wurde die Frauenrolle durchaus nicht
in Frage gestellt, viel weniger als in der Studentenbewegung. Die schwersten Vorwürfe habe ich in der
Frauenbewegung erlebt. Wobei ich absurd finde, daß man ein autonomes Frauenideal propagiert,
das Hand in Hand geht damit, daß Frauen in Sack und Asche daherkommen. Da sollen sie noch einmal dafür büßen,
daß sie ohnedies für ihre Gleichberechtigung kämpfen müssen. Diese Art von Puritanismus habe ich immer als absurd
empfunden. Ich habe mich schon mit 13 geschminkt, mit einem nassen blauen Buntstift meinen Lidrand nachgezogen.
In der Schule bin ich regelmäßig zurückgeschickt worden und mußte mir das wieder abwaschen.
aus: Ingrid Seibert: Ist jede Frau ein Luxusweib? In: Elle 12/1990, S. 54-60, S. 60.
Über ihr Interesse an
Mode
, ihre Vorlieben (Hüte, japanische Designermode etc.) und unterschiedliche Frauenbilder (
Frau
), die durch Kleidung betont werden; auch auf die Frage, inwieweit ihre Modebegeisterung mit dem
Feminismus
und dem
Kommunismus
vereinbar ist, wird eingegangen.