Claudia Augustin: Wo und wann kamen dann die ersten großen Hürden während der Übersetzung?
Elfriede Jelinek: Die Probleme bei Pynchon sind weniger syntaktische als enzyklopädische. Dieses riesige Feld an Spezialwissen musste er sich allerdings auch erst anlesen. Ich bekam zum Teil durch Freunde Bücher, die Pynchon selbst für seine Recherchen herangezogen hatte. Und weil er nie in Deutschland war, hat er auch die Druckfehler übernommen, z.B. „Siemens-Schuchert“ statt „Siemens-Schuckert“. Da war genau derselbe Druckfehler in einem Buch über Siemens, das mir jemand antiquarisch am Times Square kaufte und schenkte. So etwas ist sehr faszinierend. Wie Detektivarbeit.
Hinzu kommt das Lapidare des Englischen, aber gleichzeitig auch seine ungeheure Vieldeutigkeit. Bis man diese Sprache gut beherrscht, ist es eine der schwierigsten der Welt, weil sie so idiomatisch ist. Man muss wahnsinnig viele Redewendungen kennen, und alles ist dabei gleichzeitig wieder so knapp. Das Deutsche wird immer umständlicher, weitschweifiger, ausufernder, alles wird im Deutschen rasch immer länger. Zudem ist es analsadistisch, weil es so viel akkumuliert, bevor es sich bequemt, auch etwas herzugeben, nämlich das Prädikat. Erst ganz am Schluss kommt das Prädikat, davor kommen noch mindestens fünf Nebensätze. Im Englischen ist die Wortstellung ganz anders, auch deshalb ist es viel prägnanter. Das Wesentliche springt einen gleich an. […]
aus: Claudia Augustin: „Die Übersetzung schmiegt sich an das Original wie das Lamm an den Wolf“ . In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 2/2004, S. 94-106, S. 96.
Über die Arbeit an der Übersetzung von
Die Enden der Parabel
, ihre Übersetzungsarbeit im Allgemeinen, die Zusammenarbeit mit
Thomas Piltz
und
P. J. Blumenthal
, die Wünsche des Verlags und den öffentlichen Stellenwert von ÜbersetzerInnen. Eine Schwierigkeit bei der Übertragung von
Pynchons
Roman war die „unglaubliche enzyklopädische Breite an Begriffen“, die ein riesiges „Feld von Spezialwissen“ voraussetzt.