Die Schutzbefohlenen
Uraufführung am Festival Theater der Welt Mannheim, 2014. Foto: Christian Kleiner
Uraufführung am Festival Theater der Welt Mannheim, 2014. Foto: Christian Kleiner
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen.
Teilabdruck
In: News,
1.8.2013
(= 1)
.
2. Fassung:
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen.
2
14.6.2013 / 8.11.2013
(= Elfriede Jelineks Website, Rubriken: Aktuelles 2013, Theatertexte).
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen. In: Theater heute 7/
2014
(= 2)
Beilage
.
3. Fassung:
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen.
3
http://www.elfriedejelinek.com/fschutzbefohlene.html (21.11.2014)
14.6.2013 / 8.11.2013 / 14.11.2014
(= Elfriede Jelineks Website, Rubriken: Aktuelles 2014, Theatertexte).
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen.
3
https://www.muenchner-kammerspiele.de/inszenierung/lesung-70-geburtstag-elfriede-jelinek (7.10.2016)(= Website der Münchner Kammerspiele).
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen. In: Rozamunda, S. 9-98 (= 3)
DN
.
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen. http://www.elfriedejelinek.com/fsbappendix.html (21.9.2015)
18.9.2015
(= Elfriede Jelineks Website, Rubriken: Aktuelles 2015).
Zusatztext
.
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen. In: Theater heute 11/
2015
, S. 36-43
Zusatztext
.
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen. https://www.muenchner-kammerspiele.de/inszenierung/lesung-70-geburtstag-elfriede-jelinek (7.10.2016)(= Website der Münchner Kammerspiele).
Zusatztext
.
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen. In: Rozamunda, S. 99-130
DN
Zusatztext
.
1. Fassung:
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen.
1
29.9.2015
(= Elfriede Jelineks Website, Rubriken: Aktuelles 2015).
Zusatztext
.
2. Fassung:
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen.
2
29.9.2015 / 7.10.2015
(= Elfriede Jelineks Website, Rubriken: Aktuelles 2015).
Zusatztext
.
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen. In: Rozamunda, S. 131-158 (= 2)
DN
Zusatztext
.
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen.
2
https://www.muenchner-kammerspiele.de/inszenierung/lesung-70-geburtstag-elfriede-jelinek (7.10.2016)(= Website der Münchner Kammerspiele).
Zusatztext
.
1. Fassung:
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen.
1
21.12.2015
(= Elfriede Jelineks Website, Rubriken: Aktuelles 2016).
Zusatztext
.
2. Fassung:
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen.
2
4.3.2016
(= Elfriede Jelineks Website, Rubriken: Aktuelles 2016).
Zusatztext
.
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen. In: Rozamunda, S. 159-207 (= 2)
DN
Zusatztext
.
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen.
2
https://www.muenchner-kammerspiele.de/inszenierung/lesung-70-geburtstag-elfriede-jelinek (7.10.2016)(= Website der Münchner Kammerspiele).
Zusatztext
.
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen.
Teilabdruck
In: Akzente 3/
2016
, S. 3-5 (= 2)
Zusatztext
.
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen.
2
10.4.2016 / 21.4.2016
(= Elfriede Jelineks Website, Rubriken: Aktuelles 2016).
Zusatztext
.
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen. In: Rozamunda, S. 208-225 (= 2)
DN
Zusatztext
.
Jelinek, Elfriede
:
Die Schutzbefohlenen.
2
https://www.muenchner-kammerspiele.de/inszenierung/lesung-70-geburtstag-elfriede-jelinek (7.10.2016)(= Website der Münchner Kammerspiele).
Zusatztext
.
CD
Jelinek, Elfriede: Die Schutzbefohlenen. Coda . 2 CDs. München: belleville Verlag Michael Farin 2017. (auf CD 1: Lesung Jelineks aus
Die Schutzbefohlenen, Appendix
, auf CD 2: Lesung Jelineks aus
Die Schutzbefohlenen, Coda
)
CD-Produktion von Jelineks Radio-Lesung von Die Schutzbefohlen, Appendix und Die Schutzbefohlenen, Coda , gesendet am 30.1.2016 in BR 2.
Urlesung | 21.9.2013
, I:
Friederike Harmstorf
,
Andreas Langkamp
,
Joachim Lux
Ausschnitte zu sehen auf:
http://www.youtube.com/watch?v=YxkCO_v90C8&feature=youtube_gdata (15.7.2014) (= YouTube).
Die Video-Dokumentation Lampedusa auf St. Pauli von Rasmus Gerlach wurde erstmals am 4.10.2013 im Rahmen des Filmfests Hamburg gezeigt.
UA | 23.5.2014
, I:
Nicolas Stemann
16.5.2014
St. Michaeliskirche
,Lüneburg
(szenische Lesung; vorgetragen und inszeniert von UnterstützerInnen der Lüneburger Flüchtlinge)
14.11.2014
Theater Bremen
, I:
Mirko Borscht
28.11.2014
Theater Freiburg
, I:
Michael Simon
3.12.2014
, I:
Claudio Longhi
, Ü:
Luigi Reitani
27.3.2015
, I:
Peter Carp
28.3.2015
Burgtheater Wien
, I:
Michael Thalheimer
15.4.2015
Teatr Nowy w Łodzi
, I:
Małgorzata Wdowik
, Ü:
Karolina Bikont
(szenische Lesung) (im Rahmen von Mała Literacka Performatywnie)
Übersetzte Werke
11.5.2015
, I:
Łukasz Chotkowski
, Ü:
Karolina Bikont
(szenische Lesung)
Übersetzte Werke
Ausschnitt zu sehen auf:
https://www.youtube.com/watch?v=D8vhjUtIdXE (26.5.2015) (= YouTube).
12.9.2015
Arena Wien
, I:
Bernhard Dechant
,
Tina Leisch
Mit Refugees und EinwohnerInnen aus Traiskirchen sowie SchauspielerInnen
26.9.2015
Deutsches Theater Göttingen
, I:
Erich Sidler
27.9.2015
Kulturwerk Mansfeld-Südharz
, I:
Ann Kathrin Hanss
(szenische Lesung)
2.10.2015
Schauspiel Leipzig
, I:
Enrico Lübbe
(gemeinsam mit Aischylos’ Die Schutzflehenden, Titel: Die Schutzflehenden / Die Schutzbefohlenen)
16.10.2015
Staatstheater Kassel
, I:
Philipp Rosendahl
4.11.2015
Teatr Nowy w Zabrzu
, I:
Katarzyna Deszcz
, Ü:
Karolina Bikont
13.11.2015
Maxim Gorki Theater Berlin
, I:
Sebastian Nübling
(Titel: In unserem Namen)
14.1.2016
Theater Bozen
, I:
Jessica Glause
20.2.2016
Staatstheater Nürnberg
, I:
Bettina Bruinier
1.3.2016
Theater Koblenz
, I:
Markus Dietze
19.3.2016
Saarländisches Staatstheater
, Saarbrücken
, I:
Marcus Lobbes
24.3.2016
Konzert Theater Bern
, I:
Claudia Meyer
2.4.2016
Folkteatern Göteborg
, I:
Yngve Dahlberg
, Ü:
Magnus Lindman
9.4.2016
Schauspielhaus Bochum
, I:
Hermann Schmidt-Rahmer
(gemeinsam mit
Die Schutzbefohlenen. Appendix,
Die Schutzbefohlenen. Coda
sowie
Die Schutzbefohlenen. Europas Wehr. Jetzt staut es sich aber sehr! (Epilog auf dem Boden))
.
9.4.2016
, I:
Paweł Miśkiewicz
, Ü:
Karolina Bikont
21.5.2016
Zürich
(Titel: Die Schutzbefohlenen von Elfriede Jelinek. Sechs Stationen zu Flucht und Grenzen)
Beteiligte Spielstätten und Projekte:
; ; ; ;21.5.2016
, I:
Barbara Frey
(Titel: Unerhörtes aus der Unterwelt)
21.5.2016
, I:
Daniel Kuschewski
(Titel: Hoffen auf ein Leben im Irgendwo)
21.5.2016
, I:
Timo Krstin
,
Miriam Walter Kohn
(Titel: DeutschKURSK)
21.5.2016
Theater Neumarkt
, I:
Markus Öhrn
(Titel: Die Schutzbefohlenen – In Alphabetical Order)
21.5.2016
Fabriktheater Rote Fabrik
, I:
Tobias Bühlmann
(Titel: Wir Schutzgebenden)
15.6.2016
Neupfarrkirche
, Regensburg
, I:
Michael Blumenthal
7.10.2016
Münchner Kammerspiele
(Titel: Eine Marathon-Ur-Lesung von „Die Schutzbefohlenen FF.“)
Szenische Lesung von Jelineks Die Schutzbefohlenen mit sämtlichen Zusatztexten.
29.10.2016
Landestheater Neustrelitz
, I:
Eberhard Köhler
4.11.2016
neuebuehnevillach
, I:
Martin Dueller
(gemeinsam mit
Die Schutzbefohlenen. Appendix
,
Die Schutzbefohlenen. Coda
sowie
Die Schutzbefohlenen. Europas Wehr. Jetzt staut es sich aber sehr! (Epilog auf dem Boden)
)
Die Schutzbefohlenen. Philemon und Baucis
wurde auf einem Bildschirm im Foyer gezeigt.
19.11.2016
Stadttheater Wilhelmshaven
, I:
Eva Lange
27.1.2017
Burgtheater Wien
(im Rahmen von Ein europäisches Abendmahl)
, I:
Barbara Frey
Neben neuen Texten von Jenny Erpenbeck, Nino Haratischwili, Terézia Mora und Sofi Oksanen wurde eine Passage aus
Europas Wehr. Jetzt staut es sich aber sehr! (Epilog auf dem Boden)
als Monolog einer „Frau aus Österreich“ verwendet.
29.4.2017
Toneelhuis
, Antwerpen
, I:
Guy Cassiers
,
Choreographie: Maud Le Pladec
, Ü:
Tom Kleijn
(Titel: Grensgeval (Borderline))
Premiere der Inszenierung beim Festival D’Avignon: 18.10.2017.
13.5.2017
Pfalztheater Kaiserslautern
, I:
Yvonne Kespohl
(Titel: Begegnungen!_5: Die Schutzflehenden – Die Schutzbefohlenen, gemeinsam mit Aischylos’ Die Schutzflehenden)
9.6.2017
, I:
Elke Hartmann
10.11.2017
, I:
Gabriel Alvarez
, Ü:
Magali Jourdan
,
Mathilde Sobottke
(Titel: Les Suppliants)
Übersetzte Werke
29.3.2018
Comédie de Reims
, I:
Ludovic Lagarde
, Ü:
Magali Jourdan
,
Mathilde Sobottke
(Titel: Les Suppliants)
Übersetzte Werke
Jelineks Essay
o. T. (über die österreichischen Asylpolitik) (2013)
Jelineks Essay
28.12.2012 (2012)
Leonhard Koppelmanns Hörspielbearbeitung
Die Schutzbefohlenen (2014)
Dieter Kaufmanns Komposition
Lampedusa (2015)
Jelineks Essay
o. T. (über Flüchtlinge aus Ungarn) (2015)
Leonhard Koppelmanns Hörspielbearbeitungen
Die Schutzbefohlenen, Appendix (2016)
und
Die Schutzbefohlenen, Coda (2016)
Wir leben. Wir leben. Hauptsache, wir leben, und viel mehr ist es auch nicht als leben nach Verlassen der heiligen Heimat. Keiner schaut gnädig herab auf unseren Zug, aber auf uns herabschauen tun sie schon. Wir flohen, von keinem Gericht des Volkes verurteilt, von allen verurteilt dort und hier. Das Wißbare aus unserem Leben ist vergangen, es ist unter einer Schicht von Erscheinungen erstickt worden, nichts ist Gegenstand des Wissens mehr, es ist gar nichts mehr. Es ist auch nicht mehr nötig, etwas in Begriff zu nehmen. Wir versuchen, fremde Gesetze zu lesen. Man sagt uns nichts, wir erfahren nichts, wir werden bestellt und nicht abgeholt, wir müssen erscheinen, wir müssen hier erscheinen und dann dort, doch welches Land wohl, liebreicher als dieses, und ein solches kennen wir nicht, welches Land können betreten wir? Keins. Betreten stehn wir herum. Wir werden wieder weggeschickt. Wir legen uns auf den kalten Kirchenboden. Wir stehen wieder auf. Wir essen nichts. Wir müssen doch wieder essen, wenigstens trinken. Wir haben hier so ein Gezweig für den Frieden, so Zweige von der Ölpalme, nein, vom Olivenbaum haben wir abgerissen, ja, und das hier auch noch, alles beschriftet; wir haben sonst nichts, wem dürfen wir ihn bitte überreichen, diesen Stapel, wir haben zwei Tonnen Papier beschrieben, man hat uns natürlich dabei geholfen, bittend halten wir es nun hoch, das Papier, nein, Papiere haben wir nicht, nur Papier, wem dürfen wir es übergeben? Ihnen? Bitte, hier haben Sie es, aber wenn Sie nichts damit anfangen, müssen wir das alles noch einmal kopieren, noch einmal ausdrucken, das ist Ihnen doch klar? O droben ihr Himmlischen, wir falten fromm die Hände, ja, ihr seid gemeint, schaut nur herab!, wir beten zu euch, ja, ihr, denen die Stadt und das Land und die leuchtenden Wasser der Donau wohl und auch ihr Schwerstrafenden in den Behörden noch wohler gehört: Ihr sagt uns einmal dies, und dann sagt ihr uns das, und nichts können wir gerecht werden, doch gerecht seid ihr ja auch nicht, ihr Engel plus du, lieber Himmelvater. Was sollen wir machen gegen euch?, ihr dürft alles, ihr könnt alles. Sie hier: Können Sie uns bitte sagen, wer, welcher Gott hier wohnt und zuständig ist, hier in der Kirche wissen wir, welcher, aber es gibt vielleicht andere, woanders, es gibt einen Präsidenten, einen Kanzler, eine Ministerin, so, und es gibt natürlich auch diese Strafenden, das haben wir gemerkt, nicht drunten im Hades, es gibt sie alle gleich nebenan, zum Beispiel dich, wer auch immer, dich, wer auch immer du bist, du, du, Jesus, Messias, Messie, egal, der du das Haus, das Geschlecht, alle Frommen bewahrst, aufgenommen hast du uns nicht, wir sind ja auch von selber gekommen, in deine Kirche gekommen, als schutzflehender Zug, bitte helfen Sie uns, Gott, bitte helfen Sie uns, unser Fuß hat Ihr Ufer betreten, unser Fuß hat noch ganz andre Ufer betreten, wenn er Glück hatte, doch wie geht es jetzt weiter?
Ursprünglich verfasste Jelinek
Die Schutzbefohlenen
für das Projekt Kommune der Wahrheit. Wirklichkeitsmaschine von Nicolas Stemann bei den Wiener Festwochen 2013, der Text wurde aber von Stemann in diesem Rahmen nicht verwendet.
Der Theatertext ist durch Absätze und Leerzeilen gegliedert und nicht auf SprecherInnen aufgeteilt. Im Titel wird auf Aischylos’ Tragödie Die Schutzflehenden (
Antike
) Bezug genommen. Ausgehend von der Besetzung der Wiener Votivkirche durch AsylantInnen (
Flucht
) im November und Dezember 2012 thematisiert der Text die Mechanismen des Asylwesens, die Missstände des Asylrechts und die
Fremdenfeindlichkeit
in
Österreich
. Neben den verarbeiteten Intertexten aus Aischylos’ Die Schutzflehenden sind auch Passagen aus der Broschüre Zusammenleben in Österreich des Bundesministeriums für Inneres (Staatssekretariat für Integration) eingearbeitet. Der euphemistischen Verwendung von Begriffen wie „harmonisches Miteinander“, „Werte“ und „gemeinsamer Wohlstand“ in der Broschüre wird die lebensbedrohliche Situation der Flüchtlinge entgegengesetzt.
Die Fassung von 14.6.2013 auf Jelineks Website wurde am 8.11.2013 durch Ergänzungen erweitert, in denen auf die Ereignisse vor der italienischen Insel Lampedusa im Oktober 2013 Bezug genommen wird, bei denen rund 300 afrikanische Bootsflüchtlinge ums Leben kamen.
Die Fassung von 8.11.2013 wurde am 14.11.2014 erneut ergänzt. Anlass war die Umstellung des italienischen Programms Mare nostrum, das bis November 2014 für die Überwachung der Küstengewässer zuständig war, auf das von Frontex konzipierte Programm Triton. Dieses Programm wurde dafür kritisiert, sich mehr auf die Grenzsicherung als auf die Rettung von Menschenleben zu spezialisieren (
Politik
).
Über ihre Quellen hat Jelinek dem Text Folgendes nachgestellt:
„Aischylos: ‚Die Schutzflehenden‘
Bundesministerium für Inneres, Staatssekretariat für Integration: ‚Zusammenleben in Österreich‘
Ovid: ‚Metamorphosen‘
Und eine Prise Heidegger, die muß sein, denn ich kann es nicht allein.“
In der Verschränkung der antiken Quellen mit den aktuellen Ereignissen reflektiert der Text den Umgang mit den in der Kirche Schutz Suchenden und das Verhältnis von Religion und
Politik
.
In der Hamburger St. Pauli Kirche, in der seit Juni 2013 afrikanische Flüchtlinge untergebracht waren, wurde der Text am 21.9.2013 in einem gemeinsamen Projekt von SchauspielerInnen des Thalia Theaters Hamburg mit den Flüchtlingen in Form einer Urlesung erstmals präsentiert. Eine von Jelinek gelesene Textpassage wurde dabei per Video eingespielt. Für Nicolas Stemanns Uraufführungsinszenierung beim Festival Theater der Welt in Mannheim wurden englische Übertitel angefertigt.
Im Vorfeld der Premiere am Burgtheater wurde am 19.3.2015 im Vestibül das Übersetzungsprojekt DIE, SHOULD SEA BE FALLEN IN
Rezensionen
des VERSATORIUM – Verein für Gedichte und Übersetzen (Leitung: Peter Waterhouse, Nino Idoidze) vorgestellt, das in Zusammenarbeit mit der Regisseurin Ivna Zic und DRAMA FORUM von uniT entstanden war. Grundlage des Projekts waren kurze Passagen aus
Die Schutzbefohlenen
. Gemeinsam mit AsylwerberInnen, die an der Besetzung der Votivkirche teilgenommen hatten, und Studierenden der Universität Wien wurden Teile daraus auf Englisch, Georgisch, Italienisch, Koreanisch, Pashto, Tuchetisch und Urdu
Übersetzte Werke
performativ interpretiert. Das Projekt wurde danach an weiteren Orten präsentiert.
Unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise verfasste Jelinek im September 2015 zwei Zusatztexte: Appendix thematisiert die Ängste und Verluste der Flüchtlinge, die Wahrnehmung im Fernsehen (
Medien
) und in den sozialen Medien und die Grenzkontrollen innerhalb der EU (
Europäische Union
), verbunden mit Bezugnahmen auf die Schlagersängerin Helene Fischer und ihren Hit Atemlos durch die Nacht (
Pop-Kultur
) und ein dreijähriges Kind, das während der Flucht verloren ging. Über ihre Quellen hat Jelinek dem Text Folgendes nachgestellt: „Das Übliche, wie vorhin. Dazu noch eine Prise Freud. Na, den haben wir noch gebraucht!“
Der Zusatztext Coda thematisiert die überfüllten Boote, auf denen Flüchtlinge versuchen, Europa zu erreichen, den desolaten Zustand dieser Boote und den VW-Skandal, bei dem die Dieselwerte von Autos geschönt wurden, um mehr Profit zu erzielen (
Kapitalismus
Deutschland
). Über ihre Quellen hat Jelinek dem Text Folgendes nachgestellt: „Nur ein paar Splitter, wirklich nicht mehr, aus:
Ezra Pound, Die Cantos (übers. von Eva Hesse und Manfred Pfister)
Euripides: Iphigenie in Aulis
Odyssee
Dank auch an Philip Hagmann und dem Deutschen Theater Göttingen.“
Coda wurde am 7.10.2015 in einer überarbeiteten Fassung online gestellt. Ihre Quellenangabe hat Jelinek um „und an Wikipedia mit den vielen Autos!“ ergänzt.
Am 21.12.2015 veröffentlichte Jelinek den Zusatztext Europas Wehr. Jetzt staut es sich aber sehr! (Epilog auf dem Boden) . Über ihre Quellen hat Jelinek dem Text Folgendes nachgestellt:
„Dank an Rainer Meyer (FAZ), gut, daß es Sie gibt, ich hätte sonst selber fahren müssen. Ansonsten die üblichen Verdächtigen, ich nehme nur die Besten, jawohl, Heidegger, Homer, Horror, Hovid, Hantigone etc.“
Europas Wehr wurde am 4.3.2016 in einer zweiten Fassung mit Passagen über die menschenverachtenden Abfertigungsmethoden von Flüchtlingen in Europa erweitert. Thematisiert wird die Situation an den Grenzen und in den Flüchtlingslagern, die Errichtung von Absperrungszäunen, die Quotenregelung für Flüchtlinge und die Fremdenfeindlichkeit der Politik. Auch auf religiös motivierten
Terrorismus
und auf antiken Europa-Mythos wird Bezug genommen.
Im April 2016 wurde mit Philemon und Baucis ein weiterer Zusatztext auf Jelineks Website veröffentlicht. In dieser Fortschreibung verschränkt Jelinek Philemon und Baucis aus Ovids Metamorphosen mit der Asyl- und Flüchtlingspolitik Österreichs. Auch der Frankenkredit, Griechenlands Wirtschaftskrise und die schleppende Vorgehensweise bei Asylanträgen werden thematisiert. Über ihre Quellen hat Jelinek dem Text Folgendes nachgestellt:
„Na ja, die üblichen Bedächtigen halt. Dazu noch: René Girard: Das Heilige und die Gewalt. Was aber auch üblich ist.“
Bei der Aufführung der Inszenierung von Bernhard Dechant und Tina Leisch am 14.4.2016 im Auditorium Maximum der Universität Wien (mit Flüchtlingen als AkteurInnen) stürmte die rechtsextreme Gruppe Die Identitären die Aufführung, verschüttete Kunstblut und schwenkte Fahnen mit der Aufschrift „Heuchler“. Während der Aufführung am 27.4.2016 im Burgtheater in der Inszenierung von Michael Thalheimer enthüllten Mitglieder der Identitären auf dem Dach des Theaters ein Transparent mit derselben Aufschrift und warfen Flugblätter ab.
2018 erschienen
Die Schutzbefohlenen
und alle Zusatztexte in einer Buchausgabe im Rowohlt Verlag gemeinsam mit den Theatertexten
Wut
, Ich, ja, echt! Ich. ,
Unseres
und Unseres 2.0 . Der zweiten Fassung des Zusatztextes Europas Wehr. Jetzt staut es sich aber sehr! (Epilog auf dem Boden) hatte Jelinek auf ihrer Website einen mit 4.3.2016 übertitelten Textabschnitt hinzugefügt. In der Buchausgabe ist dieser Text unter dem Titel Ende (4.3.2016) als eigenständiger Zusatztext abgedruckt.
Für das Libretto des inszenierten Konzerts Lab.Oratorium (für zwei Schauspieler, Sopran, Mezzosopran, Kammerchor, Großer Chor, Live-Elektronik und Orchester), das Philippe Manoury und Nicolas Stemann erarbeiteten, wurden Textpassagen aus Jelineks
Die Schutzbefohlenen
verwendet, die Komposition stammt von Manoury. Die Uraufführung fand in der Inszenierung von Stemann im Rahmen des Internationalen Musikfests Hamburg am 27.5.2019 im Großen Saal der Elbphilharmonie statt (zu sehen auf: https://www.youtube.com/watch?v=bXuPtygIK_A (1.8.2019). (= YouTube)).