Bambiland
Uraufführung am Burgtheater Wien, 2003. Foto: Burgtheater Wien / Christian Brachwitz
Uraufführung am Burgtheater Wien, 2003. Foto: Burgtheater Wien / Christian Brachwitz
Jelinek, Elfriede
:
Bambiland. https://original.elfriedejelinek.com/fbambi.html (15.7.2014)
2.4.2003 / 5.4.2003 / 5.5.2004
(= Elfriede Jelineks Website, Rubriken: Archiv 2003, Archiv 2004, Theatertexte).
Jelinek, Elfriede
:
Bambiland. In: Theater heute 6/
2003
, S. 49-59
.
Jelinek, Elfriede
:
Bambiland. In:
Jelinek, Elfriede
:
Bambiland.
Reinbek
:
Rowohlt
2004
, S. 13-84
DN
.
Jelinek, Elfriede
:
Bambiland. In: Programmheft des Wiener Burgtheaters zu Elfriede Jelineks Bambiland
2003
.
Jelinek, Elfriede
:
Bombenstimmung in Bambiland.
Teilabdruck
In: Das Argument 250 (
2003
), S. 174-175
.
Jelinek, Elfriede
:
Elfriede Jelinek: Bambiland.
Teilabdruck
In: die horen 211 (
2003
), S. 110-114
.
Jelinek, Elfriede
:
„Es IST alles, weil alles kaputt ist“.
Teilabdruck
In: Der Standard,
12./13.4.2003
.
Jelinek, Elfriede
:
So beschützt uns nur Jesus“.
Teilabdruck
In: News,
28.5.2003
.
Jelinek, Elfriede
:
Aus dem Irak-Kriegs-Stück „Bambiland“.
Teilabdruck
In: Format,
21.11.2003
.
Jelinek, Elfriede
:
Marstheater...Sprachrohr (1)...letzte Tage...S. In: Der Standard,
13.12.2003
(Textauszüge als Montage)
.
Jelinek, Elfriede
:
Auszug aus „Bambiland“ (2003).
Teilabdruck
In: Neue Zürcher Zeitung,
8.10.2004
.
Jelinek, Elfriede
:
Verwundet sein von dieser Welt.
Teilabdruck
In: Stuttgarter Zeitung,
10.12.2004
.
UA | 12.12.2003
, I:
Christoph Schlingensief
25.5.2004
Teater Tribunalen
, Stockholm
, I:
Richard Turpin
, Ü:
Magnus Lindman
2.12.2004
, I:
Marco Štorman
3.12.2004
, I:
Dagmar Schlingmann
13.3.2005
, I:
Andreas Hutter
25.9.2005
, I:
Hilde Schneider
17.10.2005
Auditorium des Goethe-Instituts
, Buenos Aires
, I:
Emilio García Wehbi
, Ü:
Carla Imbrogno
,
Tanja Olbrich
21.11.2005
Scena Theatre
, Washington, DC
, I:
Robert McNamara
, Ü:
Lilian Friedberg
(szenische Lesung)
20.2.2006
Teatro El Camarín de las Musas
, Buenos Aires
, I:
Emilio García Wehbi
, Ü:
Carla Imbrogno
,
Tanja Olbrich
7.4.2006
, I:
Gunther Möllmann
22.9.2006
, I:
Katrin Ackerl Konstantin
18.10.2006
, I:
Philipp Hauß
9.12.2006
, I:
Falco Blome
19.4.2007
, I:
Yana Ross
, Ü:
Dangė Čebatariūnaitė
,
Antanas A. Jonynas
20.9.2007
, I:
Marie Bues
15.10.-4.11.2008
theatercombinat
(in Form von Interventionen im öffentlichen Raum in Wien)
, I:
Claudia Bosse
(in weiterer Folge in verschiedenen Städten und in Kombination mit anderen Texten)
17.4.2010
, I:
Jirí Honzírek
, Ü:
Zuzana Augustová
26.4.2011
Teatro Belli
, Rom
, I:
Giuseppe Roselli
, Ü:
Claudio Groff
17.6.2016
Chapelle Saint-Louis
, Rouen
, I:
Maurice Attias
, Ü:
Patrick Démerin
9.2.2017
James Arnott Theatre
, Glasgow
, I:
Peter Lorenz
, Ü:
Lilian Friedberg
Jelineks Essay
o. T. (im Rahmen von Künstler gegen den Krieg) (2003)
Jelineks
Essays über Christoph Schlingensief
Herbert Kapfers Hörspielbearbeitung
Bambiland (2005)
N. N.: Warum haben Sie sich entschlossen, einen Theatertext über den Irak-Krieg zu schreiben? Elfriede Jelinek: Ich würde sagen, „Bambiland“ ist nicht einfach ein Theatertext über den Krieg oder nicht nur, es ist eher ein Text darüber, wie ein Krieg – der in diesem Fall, aufgrund des „embedded journalism“, sozusagen die Kriegsberichterstatter mit der kämpfenden Truppe „mitgenommen“ hat, dabei eine Authentizität vortäuschend, die es nicht geben kann –, wie soll ich sagen: rezipiert, umbrochen, interpretiert werden kann. Sozusagen die Ebene der zweiten Natur, aber Krieg ist ja nicht etwas Naturhaftes, auch wenn das oft behauptet wird.
Sie zitieren „Die Perser“ des Aischylos und westliche Medienberichte und collagieren beide Ebenen mit Ihren eigenen witzigen Kommentaren... Es wird nicht aus den „Persern“ des Aischylos zitiert, um das Große, Imperialistische von Eroberung zu vergötzen, sondern um ein Beispiel in der Literatur zu finden, in dem der Kriegsgegner nicht verachtet, vernichtet, ausgelöscht wird, sondern in dem seine Taten Wertschätzung erfahren (also der Gegner nicht einfach Dreck, Abschaum ist); und zwar nicht, um die Taten des Siegers noch größer und heldenhafter erscheinen zu lassen, sondern um, nur mit den Mitteln der Sprache, den Gegner im Krieg „leben“ zu lassen, auch wenn man ihn tötet, sozusagen etwas Benennbares aus dem Gegner zu machen, anstatt ihn auszuradieren. Ich fand das gerade in diesem Krieg, der ja kein Krieg im eigentlichen Sinn war (das Ergebnis stand ja von vornherein fest, man könnte sagen: es war eine Strafexpedition), wichtig, wo eine drückend sowohl technologisch als auch logistisch überlegene Heermacht einen in jeder Weise hoffnungslos unterlegenen Gegner quasi überfährt. Über ihn drüberfährt. Die dritte Ebene dazu sind die sarkastischen Kommentare der Autorin, die, völlig machtlos, gleichzeitig spricht und schweigt, weil Ironie ja das einzige Mittel der hilflos Zusehenden ist, um ihre Hilflosigkeit wegzudrücken, zu bannen. Und ein Bannfluch geht nur mit Sprache. Die Sprache ist das einzige, was ihr, dieser Zusehenden, zur Verfügung steht, und selbst mit der Sprache kann man als Autorin nur einen Abklatsch liefern; aber man kann durch die verschiedenen Sprachebenen, die man benutzt, eine Art Mosaik herstellen, eine neue Wirklichkeit, die sich aus vielen Facetten zusammensetzt und aus verschiedenen Diskursen, vom dichterischen des Aischylos bis zum banalsten des Fernsehkommentators.
Ich weiß nicht ich weiß nicht. Setzen Sie sich so abgebundene Strumpfkalotten auf die Köpfe,
wie mein Papa sie immer zu seinen alten Arbeitsmänteln am Bau von unserem Einfamilienhäuschen getragen hat.
Etwas Häßlicheres habe ich nie gesehen. Ich weiß nicht, welche Strafe für welche Schuld Sie bekommen sollen,
daß Sie so etwas Häßliches aufsetzen müssen. Strumpf abschneiden, oben zubinden, daß so eine Art Bommel übrigbleibt,
und dann auf den Kopf setzen. Das ist alles.
Anlass für Bambiland war der
Krieg
der
USA
gegen den Irak (
Irakkrieg
) im Jahr 2003. Mit dem Titel Bambiland bezieht sich Jelinek auf einen Vergnügungspark bei Belgrad, der
Marko Milošević
gehörte, und auf Babilan , eine Zeitschrift, die
Udai Hussein
herausgab. Der Text ist durch Leerzeilen gegliedert und enthält keine Angaben zu Figuren oder Schauplätzen. Auf Jelineks Website, auf der Bambiland zunächst veröffentlicht wurde, dem Erstdruck in der Zeitschrift Theater heute , dem Abdruck im Programmheft des
Wiener Burgtheaters
und in der Buchausgabe hat die Autorin dem Text einen Epilog hinzugefügt, der von folgenden Sätzen eingeleitet wird:
Über ihre Quellen hat Jelinek dem Text Folgendes vorangestellt:
„
Meinen Dank an
Aischylos
und die ‚Perser‘, übersetzt von
Oskar Werner
. Von mir aus können Sie auch noch eine Prise
Nietzsche
nehmen. Der Rest ist aber auch nicht von mir. Er ist von schlechten Eltern. Er ist von den Medien.
“
Ein Großteil des Textes, der die Vermittlung des Irakkriegs in den
Medien
und die unreflektierte Rezeption der gezeigten Bilder thematisiert, wird von einem Wir gesprochen. Ein zentraler Intertext ist
Aischylos
’ Tragödie Die Perser . Die Perserkriege der
Antike
werden dadurch mit dem Irakkrieg in Beziehung gesetzt. Ausgehend von den unter dem Schlagwort „war on terror“ (
Terrorismus
) firmierenden Rechtfertigungsversuchen des Militäreinsatzes durch die US-Regierung unter
George W. Bush
(
Politik
) reflektiert der Text auch das Spannungsverhältnis zwischen Christentum und
Islam
.
Die Uraufführung am Wiener Burgtheater war die zweite Station von
Christoph Schlingensiefs
„attaistischem Welttheater“ nach Atta Atta (2003) an der Berliner Volksbühne. Ihr folgte als dritte Station Attabambi-Pornoland. Eine Reise durchs Schwein (2004) am Schauspielhaus Zürich, für die Jelinek die beiden Monologe
Irm sagt:
und
Margit sagt:
verfasste. Das „attaistische Welttheater“ stand im Kontext von
Schlingensiefs
CHURCH of FEAR .