Winterreise
Ein Theaterstück
Uraufführung an den Münchner Kammerspielen, 2011. Foto: Münchner Kammerspiele / Julian Röder
Uraufführung an den Münchner Kammerspielen, 2011. Foto: Münchner Kammerspiele / Julian Röder
Jelinek, Elfriede
:
Winterreise.
Reinbek
:
Rowohlt
2011
.
Auflage 8.300.
Jelinek, Elfriede
:
Winterreise.
Reinbek
:
Rowohlt
2011
.
Jelinek, Elfriede
:
Wo die reichen Bräute tanzen.
Teilabdruck
In: Die Presse (Spectrum),
15.1.2011
.
Winterreise.
Jelinek, Elfriede
:
Teilabdruck
In: Kunstbuch, als Einzelexemplar für das Projekt Moe Nai Ko To Ba (Wörter brennen nicht) herausgegeben. Im Rahmen der Yokohama Triennale 2014, die von konzipiert wurde
.
UA | 3.2.2011
, I:
Johan Simons
16.4.2011
, I:
Michael Simon
zu sehen auf:
Teil 1:
Teil 2:
Teil 3:
Teil 4:
Teil 5:
Teil 6:
Teil 7:
9.9.2011
, I:
Andreas Kriegenburg
15.9.2011
, I:
Bettina Bruinier
18.11.2011
, I:
Peter Carp
9.12.2011
, I:
Jan Philipp Gloger
21.12.2011
, I:
Alexander Schilling
4.2.2012
, I:
Joachim Schloemer
4.2.2012
, I:
Michael Simon
16.3.2012
, I:
Claudia Meyer
23.3.2012
, I:
Volker Schmalöer
5.4.2012
, I:
Stefan Bachmann
Die Inszenierung erhielt 2012 den
NESTROY-Preis
in den Kategorien „Beste deutschsprachige Aufführung“ und „Beste Ausstattung“.
15.6.2012
, I:
Nora Schlocker
23.9.2012
, I:
Marco Štorman
26.10.2012
, I:
Maria-Elena Hackbarth
9.11.2012
, I:
Peter Ries
2.12.2012
, I:
Torsten Schilling
18.1.2013
, I:
Andreas Nathusius
16.3.2013
, I:
Martin Kloepfer
22.3.2013
, I:
Maja Kleczewska
, Ü:
Karolina Bikont
5.4.2013
, I:
Alexander Charim
19.4.2013
, I:
Jenke Nordalm
19.10.2013
, I:
Tomas Prochazka
, Ü:
Andrej Zmeček
,
Jana Cvikova
4.1.2014
Vígszínház
, Budapest
, I:
Sándor Zsótér
, Ü:
Júlia Ungár
5.2.2014
, I:
Jörg Fürst
27.2.2014
, I:
Jacob F. Schokking
, Ü:
Karen-Maria Bille
30.11.2014
, I:
Paweł Miśkiewicz
, Ü:
Karolina Bikont
15.1.2015
Alte Feuerwache
Köln
, I:
Jörg Fürst
18.1.2015
, I:
Anne Lenk
31.1.2015
, I:
Christian Wittmann
7.3.2015
, I:
Andrea Chenna
, ,
Lorenzo Fontana
,
Luigi Chiarella
, ,
Luigi Valentini
, ,
Manolo Muoio
,
Roberta Cortese
,
Sophia Leu
,
Simona Nasi
, Ü:
Roberta Cortese
2.10.2015
, I:
Frank de Buhr
21.11.2015
, I:
Melanie Mederlind
, Ü:
Maria Tellander
22.2.2016
Teater Galeasen
, Stockholm
, I:
Christina Ouzounidis
, Ü:
Maria Tellander
22.11.2016
, I:
Lucile Mary
, Ü:
Sophie Andrée Herr
(szenische Lesung)
10.2.2017
, I:
Mia Constantine
5.4.2017
Kino im Künstlerhaus
, Hannover
, I:
Wolf Bachofner
,
Tatjana Prelevic
,
Edgar Schäfer
(szenische Lesung) (Titel: Winterreise – Jelinek trifft Schubert, gemeinsam mit Franz Schuberts
Winterreise
).
17.11.2017
RS9 Színház
, Budapest
, I:
Szőke Szabolcs
, Ü:
Zoltán Halasi
19.11.2017
Elbphilharmonie
, Kleiner Saal, Hamburg,
9.12.2017
Point Ephémère
, Paris
, I:
Lucile Mary
, Ü:
Sophie Andrée Herr
10.4.2018
Péniche La Pop
, Paris
, I:
Clara Chabalier
,
Sébastian Gaxie
, Ü:
Sophie Andrée Herr
24.1.2020
, I:
Nuno Carinhas
, Ü:
António Sousa Ribeiro
28.2.2020
, I:
Christian Gangneron
, Ü:
Sophie Andrée Herr
Jelinek erhielt für Winterreise in der Inszenierung von
Johan Simons
2011 den
Mülheimer Dramatikerpreis
.
2011 wurde Jelinek für Winterreise von der Zeitschrift
Theater heute
zur „Dramatikerin des Jahres“ gewählt.
2013 wurde Winterreise im Rahmen des Festivals XIX Międzynarodowy Festiwal Sztuk Przyjemnych i Nieprzyjemnych (= 19. Internationales Festival der Angenehmen und Unangenehmen Stücke) zum besten Stück des Festivals gewählt.
2013 wurde Winterreise im Rahmen des Festivals XII Festiwal Prapremier Bydgoszcz 2013 zum besten Stück des Festivals gewählt.
Jelineks Essay
Ungebärdige Wege, zu spätes Begehen (1997)
Jelineks Essay
Fremd bin ich (2011)
Jelineks Essay
o. T. (über Winterreise) (2015)
Irgendwas kommt in meinen Stücken immer beredt zum Ausdruck, aber wer beredet da was und wie? In meiner Winterreise wird vor dieser Sprechenden hier die Landschaft vorbeigezogen. Eine spricht im Stillstand. [...] Was erfährt man im Stillstand? Das, was man von seinem Standort aus ringsherum sehen kann? Das, was man schon weiß? Kann man es sagen, wenn man nicht mehr vom Fleck kommt? Wenn es keinen Ausweg aus dem Stillstand gibt, kann man höchstens noch das Vergessen erfahren, aber darüber hat man keine Gewalt. Macht hat man sowieso keine. Ist der Stillstand schon ein Nach-Hause-Kommen? Ist man angekommen, oder kann man noch hoffen wegzukommen? Ich glaube, gerade in diesem Stillstehen, aus dem heraus ich schreibe, sind da vielleicht Wurzeln, die mich auf und an der Stelle festhalten, wie sie jeder merkt, wenn er versucht, von dem Ort wegzukommen, den er sein Zuhause nennt. Die Winterreise, die ich früher oft begleitet habe – ich glaube, kein Werk der Kunst hat mir je mehr bedeutet – aber was sage ich da?, ich hätte eine Reise begleitet, die schon aus Prinzip immer unbegleitet sein muß?, ich habe sie natürlich bloß auf dem Klavier begleitet, die „Winterreise“ Wilhelm Müller/Franz Schubert also ist ja ein Werk der Heimatlosigkeit, aus der man nicht aufbricht und in die man nicht zurückkehrt. Der Text eines Deserteurs (der Müller war), den die „Krähen“, diese wunderlichen Tiere, die Spitzel, die den ausspionieren, der sich unerlaubt von der Truppe entfernt hat, verfolgen, der Text eines Dichters, Wilhelm Müller, der aber wiederum der Träger für die Musik ist, das Gerüst, etwas, das die Musik hält und von der Musik gehalten wird, die ja ein Fortschreiten in der Zeit ist, auch so ein Fortschreiten im Stehenbleiben, der Sänger steht, der Begleiter sitzt, sie rühren sich nicht vom Fleck, das Klavier ist schwer, wenn man es bewegen will, während die Musik es ist, welche die Menschen bewegt, das ist einfacher, die innere Bewegung ist einfacher als die äußere, das muß ich mir zumindest einreden, da es ein Außen für mich ja nur selten gibt, ja, also, was wollte ich gleich noch sagen?, ich hätte es auch gleich sagen können: Dieser Text eines Deserteurs also, der zu seinem Liebchen will, denkt seine eigene Heimatlosigkeit vor sich hin. Er geht, um von der Truppe, zu der er gehört, wegzukommen. Er geht nicht, um irgendwohin zu kommen, er geht, um fortzukommen. Und er ist dabei in sich selbst vergessen. [...] Solche welt- und menschheitsgeschichtliche Heimatlosigkeit versuche ich erst gar nicht zu fassen. Ich beschreibe die Reise im Stillstand. Aber es ist alles Stillstand, auch wenn sich die Menschen scheinbar bewegen. Hinter ihnen ragt das Dunkle auf, wie eine Bühnenkulisse, der sie nicht entkommen können.
Jelinek verfasste den Theatertext auf Anregung der
Münchner Kammerspiele
, eine Paraphrase auf
Franz Schuberts
Liederzyklus Winterreise (Text:
Wilhelm Müller
) zu schreiben. Im Stück werden die Lieder des Zyklus intertextuell verarbeitet.
Der Text ist in acht Abschnitte untergliedert, enthält keine Regieanweisungen oder Angaben zu Schauplätzen und ist nicht auf SprecherInnen aufgeteilt. Es finden sich Anspielungen auf politische Ereignisse (
Politik
), wie z.B. die Affäre um die Hypo Alpe Adria Bank und deren Verkauf an die BayernLB (
Wirtschaftskrise
,
Kapitalismus
), den Fall
Natascha Kampusch
und dessen Resonanz in den
Medien
sowie Reflexionen über Fremdheit, Scheitern, virtuelle Beziehungen im
Internet
und das Nichtgehört-Werden als Autorin. In allen acht Abschnitten finden sich Bezüge zu
Schuberts
Liederzyklus (
Musik
). Ein weiterer Intertext, der im Stück verarbeitet wird, ist
Martin Heideggers
Sein und Zeit . Am längsten ist der Abschnitt Sieben , in dem eine Vaterfigur (
Vater
) in der Ich-Perspektive über die Beziehung zu seiner
Frau
und seiner Tochter (
Familie
) sowie über seine Einweisung in eine psychiatrische Klinik (
Krankheit
,
Wahnsinn
) spricht. Jelinek hat die (biographisch geprägte) Thematik des Vaters als gesellschaftlicher
Außenseiter
zuvor bereits in ihrem Kurzprosatext
Erschwerende Umstände oder kindlicher Bericht über einen Verwandten
und in ihrem Theatertext
Der Wanderer
verarbeitet.
„
Wilhelm Müller
/
Franz Schubert
: Die Winterreise
Martin Heidegger
: der Ärmste!, arm wie immer alles übrige, was bleibt mir übrig?
Natascha Kampusch
in: 3096 Tage Gefangenschaft, ARD-Dokumentation von
Peter Reichard
und
Alina Teodorescu
“
Für das von
Yasumasa Morimura
konzipierte Projekt Moe Nai Ko To Ba ( Wörter brennen nicht ) im Rahmen der Yokohama Triennale 2014 (1.8.-3.11.2014) im
Museum of Art Yokohama
wurde ein Kapitel aus Winterreise in ein eigens dafür konzipiertes Kunstbuch mit Texten bekannter AutorInnen aufgenommen, die während der Triennale in Form von täglich stattfindenden Lesungen präsentiert wurden.