[…] was ich gezeigt habe, waren die Leute, die von dem Boom, vom Hotel- und Pensionsbau, vom Pisten- und Schleppliftbau oben in der Gegend eben nicht
profitiert haben. Das sind genau die Leute, die auch den Bauern – das waren ja alles ehemalige Bauern dort – ihre Höfe aufgebaut haben, wofür sie dann
irgendwann im Altersheim gelandet sind, wenn sie nicht mehr arbeiten konnten – das waren also die ehemaligen Mägde und Knechte.
Eine uralte Bauernmagd, die aber mit 86 Jahren immer noch im Hotel Geschirr abwaschen muß, um sich ihre Rente aufzubessern, die war eigentlich die
Haupt-Figur.
aus: Heinz Trenczak, Renate Kehldorfer: Achtzig Prozent der Filmarbeit sind Geldbeschaffung. Ein Gespräch mit Elfriede Jelinek . In: Blimp 2/1985, S. 12-17, S. 12-13.
Ramsau am Dachstein war der fünfte Beitrag der ORF-Reihe Vielgeliebtes Österreich , in deren Rahmen 1975 bis 1977 14 einstündige Porträts österreichischer Regionen (
Österreich
) gezeigt wurden. Die Idee ging u.a. auf den Schriftsteller und ÖVP-Kulturpolitiker
Jörg Mauthe
zurück. Das Konzept der Reihe, die ein Zitat aus der Österreichischen Bundeshymne als Titel hat, war, österreichische SchriftstellerInnen einzuladen, ein Gebiet und dessen Besonderheiten vorzustellen.
Der Film, der den Fremdenverkehr in der Ramsau (Steiermark) ankurbeln sollte, wurde durch Jelineks Drehbuch zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem
Tourismus
und seinen Folgen (Ausbeutung von
Natur
und Menschen, insbesondere von Frauen (
Frau
) ) sowie mit den Klassenunterschieden in der
Gesellschaft
. Im Mittelpunkt steht die unterprivilegierte Schicht der (Saison-)ArbeiterInnen (
Arbeiterin
) und der bäuerlichen Hilfskräfte im Gegensatz zu den Besitzenden, denen es um Profit durch Tourismus geht (
Kapitalismus
). Zentrale Figur des Films ist die Magd Josefa, die über ihr Leben und ihre Arbeit auf den Bauernhöfen berichtet. Jelinek tritt auch selbst mehrfach auf. An unterschiedlichen Orten der Ramsau spricht sie u.a. folgende Sätze: „Das ist eine schöne Landschaft. Schönere Landschaften können aus ihrer Schönheit eher Profit schlagen als weniger schöne. Diese schöne Landschaft hat das rechtzeitig erkannt.“
Bereits bei der Entstehung des Films kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Jelinek und dem Regisseur
Claus Homschak
, der mehrere kritische Sequenzen des Drehbuchs in der filmischen Umsetzung entschärfte. Nach Ausstrahlung des Films protestierte nicht nur die Ramsauer Bevölkerung und der Tourismusverband, sondern auch die ÖVP.
Jelinek verarbeitete in der Folge Material des Drehbuchs, das nicht verwendet wurde, zu den Hörspielen
Porträt einer verfilmten Landschaft
(1977) und
Die Jubilarin
(1978). Die Auseinandersetzungen bei der Produktion des Films werden im Hörspiel
Porträt einer verfilmten Landschaft
thematisiert.